Wenn wir das Thema Männer*bild, Frauen*bild und natürlich auch Sexismus besprechen, kommen manchmal auch krasse Aussagen. Und wir haben heute ja auch über Druck und über Vorbilder, also erwachsene Männer* als Vorbilder, geredet. Und ich als Referent und als erwachsener Mann habe für mich entschieden, dass unsere Arbeit auch sehr stark auf Beziehung basiert. Denn ich muss zugeben, dass ich mit 14, 15 Jahren auch solche sexistischen Meinungen und Gedanken hatte. Ich habe auch solche Sprüche rausgehauen. Und das sage ich den Jugendlichen dann auch. Hey, in dem Alter ist es mir auch passiert. Und ich versuche ihnen kurz über meine Biografie zu erzählen. Nicht um etwas zu rechtfertigen, sondern zu erzählen, was meine Meinung mit 14, 15 Jahren rund ums Thema Frauen*bild war. Dann sage ich ihnen, dass ich das auch cool fand. Aber auch, warum sich meine Meinung im Laufe der Zeit geändert hat. Die Wirkung ist, dass die Jugendlichen auf einmal zuhören und denken, krass, der war auch nicht perfekt. Dass sie einfach wissen, ich bin auch nicht reflektiert geboren. Ich habe im Laufe der Zeit auch Unterstützung von unterschiedlichen Menschen gehabt, die mir geholfen haben, meine Perspektiven und Meinungen zu ändern. Das ist das erste.
Das zweite ist: Natürlich, wenn solche menschenverachtenden Aussagen im Raum stehen, ist es für uns ganz wichtig, dass wir das nicht einfach so im Raum stehen lassen. Das wäre das Allerschlimmste, was wir tun können. Wir überlegen uns in dem Moment, okay, sind wir fast am Ende des Workshops, würde es Sinn machen, das Thema komplett zu öffnen? Oder nehmen wir das Thema mit und bauen daraus für die nächste Sitzung eine komplette Stunde? Weil wir finden, dass es unbedingt behandelt werden muss. Und so etwas Ähnliches haben wir auch rund um das Thema Sexismus und frauenverachtende Aussagen gemacht. Da haben wir versucht, mit Biografien zu arbeiten. Wir haben uns überlegt, hey, würde es Sinn machen, eine Frauenperspektive reinzubringen, mit einer Frauenstimme? Wir haben uns einen Audiowalk überlegt, in dem wir drei unterschiedliche Geschichten als einen Podcast erstellt haben, mit Musik und ganz exklusiv für die Schule gemacht. Die Idee war, dass jede*r mit Kopfhörern in sich hinein geht. Denn wenn man in einer offenen Gruppe über solche Themen diskutiert, hat man sehr oft die Wortführenden, die immer den Ton angeben. Auch wenn es einige gibt, die anders denken, trauen sie sich nicht, zu sprechen.
Wir hatten zum Beispiel eine Geschichte rund um das Thema Liebe. Einmal Liebe als eine nicht sexualisierte Emotion, einmal Liebe aus einer queeren Perspektive, die wieder nichts mit Sex zu tun hat, und einmal über eine Frau als Mensch, was wieder nichts mit Sex zu tun hat. Warum haben wir das gemacht? In der Gruppe war der Bedarf, denn wir hatten festgestellt: Liebe wurde nur mit Sex verbunden. Das wollten wir dekonstruieren. Eine Kollegin von uns hat die Audioaufnahme für uns gemacht. Also in der eine Frau die eigene Erfahrung mit sexistischen Sprüchen erzählt. Danach sind wir in eine Diskussion gegangen. Wie hast du die Geschichte empfunden, wenn das auf einmal eine Frau aus ihrer Perspektive erzählt? Natürlich, einerseits kam: Ja, stimmt schon, dass es vielleicht keinen Sinn macht, Frauen zum Beispiel nur aufgrund ihrer Kleidung moralisch abzuwerten. Doch andererseits hat auch nicht die erwünschte Reflexion stattgefunden. Das muss ich zugeben. Aber das ist die Art und Weise, wie wir damit umgehen. Dass wir das nicht im Raum stehen lassen, sondern versuchen, aus den Inhalten, die die Jugendlichen uns geben, noch einmal mit einer anderen Methodik eine andere Perspektive anbieten. Denn wir merken, dass es ein langwieriger Prozess ist.
Ich denke, dass wir in der einen Gruppe diese Denkanstöße gegeben haben, die sie bis zu unseren Workshops auf keinen Fall hatten. Ich bin mir relativ sicher. Und ich bin mir sicher, dass sie im Laufe der Zeit darüber nachdenken werden. Vielleicht denken sie in zwei, drei Jahren, ja, ich hatte dazu einen Workshop und da haben wir darüber geredet. Jetzt kann ich damit etwas anfangen.