
Sarina Lacaf
Bundeszentrale für politische Bildung (2020)
Sarina Lacaf
Bundeszentrale für politische Bildung (2020)
Ein paar Tage noch, dann beginnt der Ramadan. Für viele Muslim_innen ist es die schönste Zeit des Jahres, viele Lehrer_innen hingegen steht der Fastenmonat als besondere Herausforderung bevor. Wir haben Schüler_innen um Tipps gebeten: Was wünschen sie sich von ihren Leher_innen?
Mit 14 Jahren wurde Florent zum Salafisten, drei Jahre später starb er in Syrien. Florent, der sich nach seiner Konversion Bilal nannte, ist nicht der einzige Fall einer solchen Radikalisierung, doch er ist besonders gut dokumentiert. In diesen Tagen ist eine Radio-Podcast-Serie erschienen, die viele Facetten seines Weges beleuchtet – eine gute Anregung für Pädagog_innen zum Weiterdenken.
„Der Anschlag in Berlin stinkt zum Himmel.“ Solche und ähnliche Aussagen werden in sozialen Medien heiß diskutiert – und können nach den Weihnachtsferien auch im Unterricht zur Sprache kommen. Im Klassenzimmer wird es kaum möglich sein, die Arbeit der Ermittlungsbehörden im Detail zu diskutieren. Dennoch können solche Einwände, wenn sie denn von Schülerinnen und Schülern geäußert werden, für weitergehende Gespräche über Hintergründe und Folgen islamistischer Gewalt genutzt werden.
Naschids, die Hymnen der radikal-islamistischen Szene. Oft kommen sie in Kombination mit Propaganda-Videos: vermummte Kämpfer mit IS-Fahne bei Kampfhandlungen, bei Gräueltaten oder mit verklärten Blick in Richtung Sonnenaufgang. Es sind Videos, die aufwühlen – und die Musik trägt ihren Teil dazu bei. Im Interview mit ufuq.de beschreibt der Islamwissenschaftler Behnam T. Said Ursprung, Idee und Wirkung der religiösen Songs und gibt Anregungen, wie Lehrer_innen und Pädagog_innen reagieren sollten, wenn ihre Schüler_innen Naschids hören.
Die Angst vor Terror wächst und viel ist von der Radikalisierung einiger Jugendlicher die Rede, der etwa in Schule und Jugendarbeit begegnet werden soll. Doch wann ist eine Äußerung oder ein bestimmtes Verhalten bedenklich? Bei aller Vorsicht warnt der Erziehungswissenschaftler Julian Ernst vor vorschnellen Schlüssen. Er hat Gruppendiskussionen von Jugendlichen zu Salafismus und Terroranschlägen untersucht und rät, den Kontext radikal wirkender Äußerungen zu berücksichtigen. Zudem sollten Pädagog_innen sich ihrer eigenen Vorannahmen bewusst sein.
Wie werden Menschen zu Radikalen? Welche Rolle spielt Ideologie? Wieviel Einfluss hat die Familie? Wieviel die Schule? Was bewirkt die gesellschaftliche Diskussion und wie ist der Einfluss der Politik? Michael Gerland ist Sozialpädagoge und arbeitet seit vielen Jahren in der systemischen Therapie. Diese systemische Herangehensweise verfolgt er auch bei der Analyse von Radikalisierungsprozessen. Dabei zieht er Parallelen zwischen dem Phänomen der Sekten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und Radikalisierungsprozessen von Konvertiten zum Islam.
„Fuck Paris“ posten manche Jugendliche in den sozialen Netzwerken. Andere verweigern Schweigeminuten an Schulen oder erklären, Muslim_innen würden so etwas nicht tun – die Attentate seien in Wahrheit vom CIA verübt worden. Insbesondere in Schulen zeigen sich viele Lehrer_innen darüber empört. Sie sind besorgt über einen etwaigen Einfluss von islamistischer Propaganda und von Verschwörungstheorien oder haben Angst, ihre Schüler_innen könnten selbst Sympathien für die Anschläge hegen. Solche Reaktionen von Pädagog_innen sind – gerade auch wegen der mitunter sehr provokativen Haltung der Jugendlichen – verständlich.
Die polarisierten Debatten über islamistische Gewalt spiegeln sich in der pädagogischen Arbeit. Beispielhaft dafür stehen Berichte von Lehrkräften und Sozialarbeiter_innen über Diskussionen, die sich nach den Anschlägen in Paris im Januar 2015 auch Jugendlichen entwickelten. Auch die jüngsten Anschlägen in Paris lassen ähnliche Konflikte erwarten. Umso wichtiger ist es, einem Denken in „Wir“ und „Sie“ auch in der Bildungsarbeit entgegenzuwirken. Es muss klar werden, dass sich „Ich bin Paris!“ und „Ich bin Muslim!“ nicht ausschließen, sondern zusammen denkbar sind.
Im Rahmen des Kulturfestes Die Nächte des Ramadan wurde auch in diesem Jahr die Filmreihe “…wie im Film!? Muslimische Vielfalt in Berlin” gezeigt. Diesmal wurde die Reihe um ein eigenes Filmprojekt erweitert. Hier entstanden drei Kurzfilme, die von jungen Muslim_innen zusammen mit erfahrenen Tutor_innen eigens für das Projekt produziert und Mitte Juli uraufgeführt wurden – darunter der Film “Djihadi Bromance” über einen jungen Mann, der mit dem Gedanken spielt, nach Syrien auszureisen.