2020 – Ein bewegtes Jahr für ufuq.de: Präventionsarbeit, Publikationen und Projekte
3. Juni 2021 | Unkategorisiert

2020 war für uns alle ein bewegtes Jahr. Wir sind umgezogen – in die Dudenstr. 6 im Berliner Stadtteil Kreuzberg am Platz der Luftbrücke. 2020 war auch das erste Jahr der neuen Förderperiode im Programm „Demokratie leben! – Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Geprägt war unsere Arbeit in 2020 aber vor allem von der Covid 19-Pandemie, der Herausforderung Homeoffice und der Entwicklung neuer digitaler Formate für Workshops und Fortbildungen.

ufuq.de arbeitet bundesweit auf dem Gebiet der politischen Bildung und Prävention im Themenfeld Islam, antimuslimischer Rassismus und Islamismus. An der Schnittstelle von pädagogischer Praxis, Wissenschaft und Politik entwickelt der Verein Ansätze zum pädagogischen Umgang mit gesellschaftlicher Diversität und zur Prävention von Polarisierungen in der (Post-)Migrationsgesellschaft. Dabei bieten wir Workshops mit Jugendlichen zur Förderung von Kompetenzen im Umgang mit Fragen zu Religion, Identität und Zugehörigkeit und der Prävention von islamistischem Extremismus an. Mit Beratungen, Fortbildungen, Publikationen und Materialien (on-und offline) wendet sich der Verein außerdem an Multiplikator*innen in Schule, Jugendarbeit und kommunalen Verwaltungen. ufuq.de beteiligt sich an Forschungsprojekten und fördert den Wissenschafts- und Praxistransfer im Themenfeld. Gefördert wird ufuq.de u.a. vom Bundesfamilienministerium  für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Programm Demokratie Leben!, der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), den Ländern Berlin und Bayern sowie seit 2021 der Robert-Bosch-Stiftung und der Lottostiftung Berlin.

Das KN:IX – Kompetenznetzwerk Islamistischer Extremismus

Ein für uns wichtiges Ereignis in 2020 war der Aufbau des KN:IX – Kompetenznetzwerk Islamistischer Extremismus. Das Kompentenznetzwerk ist im Rahmen des Demokratie leben!-Programms des BMFSFJ entstanden und verbindet die Träger ufuq.de, Violence Prevention Network und der BAG RelEx (Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus). KN:IX arbeitet zur universellen, selektiven und indizierten Prävention von islamistischen Einstellungen und Verhaltensweisen. Auf aktuelle Entwicklungen in diesem Themenfeld reagiert KN:IX, indem es zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren eine Plattform zur Vorstellung, Diskussion und Weiterentwicklung ihrer innovativen Ansätze in der Präventions-, Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit bietet. Zu den Aufgaben von KN:IX zählen Bedarfs- und Trendmonitoring, Analyse, Auswertung und Entwicklung und der Wissenstransfer. So konnte für das Jahr 2020 der erste Jahresbericht (pdf) erscheinen. Darin finden Sie Beiträge zur Präventionsarbeit – u.a. zur Rolle von zivilgesellschaftlichen Vereinen in der Extremismusprävention, zur Rolle von Religion in der Präventionsarbeit sowie zum Spannungsfeld von politischer Bildung und universeller Islamismusprävention und zum Verhältnis von Sicherheitsbehörden und zivilgesellschaftlicher Praxis in der Extremismusprävention. Außerdem stellen wir die Ergebnisse einer bundesweiten KN:IX-Umfrage unter zivilgesellschaftlichen und staatlichen Trägern von Islamismusprävention zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Bedarfen in der Präventionsarbeit vor.

Die Fachstelle für Pädagogik zwischen Islam, antimuslimischem Rassismus und Islamismus in Berlin

2020 wurde in Berlin die ufuq.de-Fachstelle für Pädagogik zwischen Islam, antimuslimischem Rassismus und Islamismus gegründet, die Fachkräfte im Umgang mit Spannungen und Konflikten im Schule und Jugendarbeit berät und weiterbildet und bei der Umsetzung von langfristigen Präventionsangeboten unterstützt. Schließlich bilden sich in Klassenräumen und Jugendclubs im Kleinen sämtliche Herausforderungen, Fragen und Konflikte einer (post-)migrantischen Gesellschaft ab, wozu auch zunehmende Ideologisierungen und Polarisierungsphänome zählen. Mit Workshops, Beratungen und Fortbildungen, die in den Projekten Wie wollen wir leben? und bildmachen sowie im Fortbildungsprogramm Protest, Provokation oder Propaganda? entwickelt wurden, trägt die Fachstelle vor diesem Hintergrund zu mehr Handlungssicherheit im Umgang mit religiöser und gesellschaftlicher Diversität bei. Die Fachstelle wird von der Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) im Rahmen des Landesprogramms Islamismusprävention und Prävention von antimuslimischem Rassismus und durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Apropos Workshops: bildmachen-Workshops mit Jugendlichen zur Prävention in Sozialen Medien werden weiterhin in Berlin und Nordrhein-Westfalen durchgeführt; und die Wie wollen wir leben?-Workshops bieten wir on- und (hoffentlich bald auch wieder) offline in Berlin und (in Zusammenarbeit mit lokalen Kooperationspartnern) derzeit auch in Mainz, Hamburg, Essen, Kiel (und Schleswig-Holsstein), Frankfurt am Main, Stuttgart sowie Regensburg, Würzburg, Nürnberg und in Augsburg an, wo unsere zweite Fachstelle ihren Sitz hat: die ufuq.de-Fachstelle zur Prävention religiös begründeter Radikalisierung in Bayern, gefördert von Demokratie leben! und dem bayerischen Staatsministerium für Famile, Arbeit und Soziales.

ufuq.de-Fachstelle BAYERN und DO

Wie ihr Pendant in Berlin bietet auch die Fachstelle Bayern Peer-Education-Workshops für Jugendliche in mittlerweile vier bayerischen Städten bzw. Regierungsbezirken an. Vergangenes Jahr kam Regensburg als Standort hinzu. Bayernweit führt die Fachstelle Fortbildungen von pädagogischen Fachkräften und anderen Multiplikator*innen im Themenfeld Islam, antimuslimischer Rassismus und universelle Islamismusprävention in der (Post-)Migrationsgesellschaft durch. Beratungen, aktuelle Materialien oder Anschluss an bayernweite Netzwerke erhalten Fachkräfte aus Bayern ebenfalls über die Fachstelle in Augsburg. Die Fachstelle Bayern konnte in 2020 auch ein Modellprojekt in Kooperation mit dem Bayerischen Jugendring (BJR), gefördert von der bpb, durchführen: „DO – Dein Ort“ ist ein einjähriges bayernweites Projekt. Indem Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglicht und Partizipation vor Ort gefördert werden, werden junge geflüchtete Menschen durch außerschulische politische Bildungarbeit bestärkt. Dazu führen BJR- und ufuq.de-Teamende mit Migrations- und Fluchtbiografien in Einrichtungen oder Schulen spezifisch konzipierte Workshops für Jugendliche und junge Erwachsene mit Fluchterfahrung durch. Trotz der Corona-Einschränkungen stößt das Projekt bis heute auf großes Interesse und große Nachfrage. Derzeit sucht die Fachstelle Augsburg einen Träger in Bayern, der uns, in Eigenregie bei geringer finanzieller Eigenbeteiligung, für die Fortsetzung des Modellprojekts unterstützt. Nachfragen können Sie hier.

kiez:story

Ein weiteres ufuq.de-Modellprojekt konnte im vergangenen Jahr an den Start gehen: kiez:story. Das in Kooperation mit Mediale Pfade e.V. konzipierte Projekt gibt Jugendlichen die Möglichkeit, sich mit ihrer Famliengeschichte und der Geschichte ihres Kiezes auseinanderzusetzen. Im Rahmen von Schul-AGs erkunden sie „ihre“ Vergangenheiten jenseits von Geschichtsbüchern: Wie war es, als mein Großvater als junger Mann in den 1960er Jahren als „Gastarbeiter“ nach Berlin kam? Wie war es für meine Mutter, in einer sogenannten „Ausländerklasse“ Deutsch zu lernen? Welches historische Ereignis hat mich am meisten berührt und wieso? Ziel ist es, Jugendliche zur Auseinandersetzung mit eigenen und anderen Migrationsgeschichten zu bewegen, ihr Selbstverständnis zu stärken und Erfahrungen von Selbstwirksamkeit im Sozialraum zu ermöglichen. Bisher konnten trotz der Corona-Einschränkungen unter Einhaltung der erforderlichen Maßnahmen u.a. eine sechstägige Schulung junger Teamender stattfinden, innovative Formate zur Erkundung des Stadtteils konzipiert und AGs in drei Berliner Schulen durchgeführt werden, in deren Rahmen mehrere Exkursionen stattfanden – z. B. mit dem Kreuzberger Rapper PTK oder dem Aktivisten Ferat Koçak („Der Neuköllner“).

RISE – Jugendkulturelle Antwort auf islamistischen Extremismus

Im Modellprojekt RISEein Projekt von JFF – Institut für Medienpädagogik in Kooperation mit dem Medienzentrum Parabol, VisionKino, jugendschutz.net und ufuq.de – geht es um die Stärkung von Jugendlichen gegenüber extremistischen Ansprachen. ufuq.de unterstützt die wissenschaftliche Begleitung des Projekts und wirkt insbesondere an der RISE-Webseite mit, die neben Videos und pädagogischen Materialien umfangreiches Hintergrundwissen zum Thema bietet. Im Rahmen von RISE sollen Jugendliche befähigt werden, eigene Positionen zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen zu entwickeln und ihre Perspektiven medial sichtbar zu machen. Diese Medienproduktionen werden durch pädagogische Materialien gerahmt und können von Fachkräften in ihrer Praxis eingesetzt werden. Seit der Auftaktveranstaltung unter dem Titel „Extremismusprävention zwischen YouTube und Jugendtreff. Medien(-arbeit) zur Demokratieförderung und gegen Islamismus“ im Februar 2020 hat sich das Projekt zu einer wichtigen Informations- und Inspirationsquelle für medienpädagogische Praktiker*innen und einem Netzwerk mit 40 Mitgliedern im Themenfeld entwickelt.

Highlights aus dem Jahre 2020

Abschließend noch eine kleine Auswahl außergewöhnlicher und alltäglicher Maßnahmen und Initiativen aus dem vergangenen Jahr: Die Corona-Lage erforderte die Entwicklung und Umsetzung neuer Formate. Dazu gehörten bei uns u.a. Webtalks und Online-Fachtage: Eine Vielzahl von Online-Gesprächsrunden und Fortbildungen mit Expert*innen und Fachkräften zeigten uns die Möglichkeiten und Grenzen von Tools und Formaten, die uns auch in Zukunft begleiten werden. Online sprachen, diskutierten und arbeiteten wir u.v.a. zu „Diversitätsorientierter Pädagogik im Kontext von Islam in der Grundschule“, zu „Präventionsansätzen in der Arbeit mit Mädchen und jungen Frauen“, zur „Resilienzförderung im Schulalltag im Kontext rassismuskritischer Bildungsarbeit“ oder zu „Religion und Religiosität in der pädagogischen Praxis“. Auch mit der Konzeption und Erprobung von Online-Workshops für Jugendliche begannen wir in diesem Jahr. Und obwohl dies auf den ersten Blick im Widerspruch zum Peer-Education-Ansatz unseres Workshop-Programms steht, zeigen erste Erfahrungen, dass es sich lohnt, hier weiterzudenken und zu arbeiten.

In unserem jüngsten Podcast „Wovon träumst du eigentlich nachts?“ unterhalten sich zwei Mitarbeiterinnen –  mal miteinander, mal mit Gäst*innen – über aktuelle und gesellschaftspolitisch relevante Fragen. Inhalte und Sprache der Reihe zielen darauf ab, insbesondere Jugendliche einzuladen, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die sie interessieren: So ging es zum Beispiel um die „Black-Lives-Matter“-Bewegung oder um Liebe, Ehe und Sexualität im Islam. Und im Couchtalk interviewen wir möglichst „unaufgeregt“ Wissenschaftler*innen und andere Expert*innen – zuletzt z. B. zu migrantischen Perspektiven auf den Mauerfall.

Beinahe täglich fanden also auch 2020 bundesweit irgendwo ufuq.de-Workshops mit Jugendlichen und Fortbildungen mit Fachkräften statt. Fast täglich finden Sie außerdem auf unserer Website und in auf unseren Social-Media-Kanälen neue Fachtexte aus unserer pädagogischen Praxis und von externen Autor*innen sowie Hinweise auf neu erschienene Publikationen (Broschüren, Handreichungen, Materialien, Arbeitshilfen…) zur Präventionsarbeit, zur politischen Bildung und zu Fragen, die sich in Politik und Wissenschaft oder Schule und Jugendarbeit zum Leben in der (Post-)Migrationsgesellschaft stellen.

Und nicht zuletzt versenden wir monatlich unseren ufuq.de-Newsletter, in dem wir für inzwischen über 1.600 Abonnent*innen aktuelle Beiträge im Themenfeld dokumentieren, über Veranstaltungen berichten und auf interessante Materialien hinweisen. Hier können Sie den ufuq.de-Newsletter abonnieren.

Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich für Ihre Unterstützung und für das Interesse an unserer Arbeit und wünschen uns auch für die nächsten Jahre vielfältige Anregungen, Austausch und Initiativen!

 

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