Politische und gesellschaftliche Themen und Diskussionen beschäftigen Jugendliche ebenso wie Erwachsene – und sie wirken selbstverständlich auch in Schule und Jugendarbeit hinein. In besonderer Weise gilt das für Fragen zu Identität und Zugehörigkeit, zu Religion und Migrationsgesellschaft, Diskriminierungen und Ausgrenzungserfahrungen, zu Geschlecht, Körper und Sexualität oder zu radikalen Ideologien. All diese Fragen können zu Konflikten führen, sie sind aber auch Gelegenheiten zu Gesprächen, für die im pädagogischen Alltag jedoch meist Raum und Zeit fehlen.
Unsere von jungen Teamer*innen geleiteten Workshops im Projekt „Wie wollen wir leben?“ bieten Raum für Gespräche über Religiosität und Glauben, Identität, Zugehörigkeiten und Diskriminierung oder zum politischen Tagesgeschehen. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Wissensvermittlung – vielmehr regen die Workshops zum Nachdenken, zur Selbstreflexion und zum Austausch unter den Jugendlichen an. Sie machen unterschiedliche Perspektiven zu politischen, gesellschaftlichen oder alltagsweltlichen Fragen deutlich und fördern Meinungsbildung, Teilhabe und die Sensibilisierung von Jugendlichen für demokratiefeindliche Ideologien. Eine besondere Rolle spielen auch religiöse Themen, die viele Jugendliche beschäftigen. Sie können im Rahmen der Workshops in allgemeine ethische und gesellschaftliche Fragen „übersetzt” werden wobei religiöse und nichtreligiöse Perspektiven gleichermaßen eine Rolle spielen. Denn die Frage „Wie wollen wir leben?“ – in der Klasse, in der Schule, im Freundes- und Bekanntenkreis und in der Gesellschaft – betrifft schließlich alle Jugendlichen.
Die Teamenden sind junge Menschen zwischen 18 und 28 Jahren, sowohl mit muslimischen als auch nicht-muslimischen Bezügen. Sie treten nicht als Expert*innen auf, sondern bieten mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten und Biografien einen niedrigschwelligen Einstieg ins Gespräch und können Vorbilder sein.
Die Workshops finden an einem Projektvormittag statt oder können auf Doppelstunden verteilt werden. Pädagog*innen können sich auch kurzfristig mit aktuellem Bedarf an uns wenden. Die kostenfreien Workshops werden vom Bayerischen Sozialministerium und dem Bundesfamilienministerium im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert.
Wir bieten Workshops für Jugendliche aller Schulformen ab der 5. Klasse an. Je nach Anlass, Interessen und aktueller Situation kann zwischen verschiedenen thematischen Modulen gewählt werden.
Über die Vielfalt von Islam und muslimischem Leben in Deutschland. Woran glaubst du, was ist dir wichtig? (ab Klasse 5)
Was ist eigentlich muslimisches Leben in Deutschland? In diesem Workshop beschäftigen sich die Jugendlichen vor allem mit ihrem Verständnis von Islam und Religionen und mit ihrer eigenen Lebensphilosophie. Im Zentrum stehen drei Animationsfilme der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), in denen es um die Bedeutung von Religion sowie um Islam und den Alltag von Muslim*innen in Deutschland geht. Die Frage „Wie wollen wir leben?“ bildet die inhaltliche Klammer – sie geht alle etwas an, gleich ob muslimisch oder nichtmuslimisch, religiös oder nichtreligiös.
Über Geschlechterrollen, Normkonstruktionen und was das mit dem Islam zu tun hat (ab Klasse 8)
Typisch Mädchen, typisch Junge. Und im Islam haben die einen weniger Rechte als die anderen… Aber ist das wirklich so? Im Rahmen des Workshops beschäftigen sich die Jugendlichen mit ihren eigenen Vorstellungen von Geschlechterrollen, setzen sich mit Normkonstruktionen auseinander, diskutieren, was das eigentlich mit dem Islam zu tun hat und wie sie selbst zusammenleben wollen.
Über Erfahrungen, die Jugendliche mit Muslimfeindlichkeit machen – und was man dagegen tun kann (ab Klasse 8)
„Muslim*innen sind …“ – darüber haben wir alle viele Bilder im Kopf. Häufig sind sie verbunden mit Stereotypen oder sogar Feindbildern. Auch deshalb machen Menschen, die als Muslim*innen gelten, immer wieder schwierige Erfahrungen. Im Workshop arbeiten die Jugendlichen zu eigenen Diskriminierungserfahrungen und antimuslimischen Feindbildern, erarbeiten ein gemeinsames Verständnis von Diskriminierung und diskutieren gemeinsam, welche Möglichkeiten es gibt, gegen Diskriminierung vorzugehen.
Über Stereotype, Diskriminierung und die Rolle von Medien (ab Klasse 9)
Die (hier mehrheitlich nicht-muslimischen) Jugendlichen in der Gruppe setzen sich im Rahmen des Workshops mit Stereotypen und Ressentiments auseinander – insbesondere zu Islam und Muslim*innen. Sie beschäftigen sich mit Fragen zur Berichterstattung von Medien sowie mit Diskriminierungserfahrungen und sie reflektieren, wie ihre eigenen Bilder und Vorstellungen entstehen.
Zugehörigkeit und Ausgrenzung im postmigrantischen Deutschland (ab Klasse 9)
Identität, Zugehörigkeit und Anerkennung sind Themen, die im Jugendalter besonders relevant sind. Dabei steht die Frage danach, wer man ist und sein will, immer im Spannungsverhältnis zur Außenwahrnehmung. Jugendliche of Color sind davon in besonderer Weise betroffen, wenn ihre Zugehörigkeit in Schlagzeilen und Medienberichten angezweifelt wird. Die Schüler*innen beschäftigen sich in diesem Modul mit eben jenem Spannungsverhältnis. Sie reflektieren ihre eigene Identität vor dem Hintergrund von Eigen- und Fremdwahrnehmung. Sie sollen darin bestärkt werden, binäre Zugehörigkeiten zu hinterfragen und die Hybridität von Identitäten zu erkennen.
Über die Funktionsweise und die Attraktivität salafistischer Ansprachen (ab Klasse 10)
„Salafismus“, „Islamismus“, „Dschihadismus“ – diese und ähnliche Begriffe kennen viele Jugendliche vor allem aus Medienberichten. Was bedeuten sie aber genau, und was steckt hinter den Phänomenen? Am Beispiel des Phänomens Salafismus beschäftigen sich die Schüler*innen in diesem Workshop damit, warum ideologische Angebote für einige Jugendliche in bestimmten Lebensphasen attraktiv sein können. Gleichzeitig wird die Problematik von salafistischen Angeboten reflektiert.
Verschwörungstheorien und wie wir damit umgehen wollen (ab Klasse 8)
Was genau ist eigentlich eine Verschwörungstheorie? Welche Merkmale haben Verschwörungsmythen, was unterscheidet sie von demokratischer Kritik und wie kann ich damit umgehen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Schüler*innen und knüpfen dabei an ihre eigenen Lebenswelten an: Sie erhalten Raum, sich über Themen auszutauschen, die sie selbst beschäftigen und erproben spielerisch Handlungsmöglichkeiten für die Begegnung mit verschwörungstheoretischem Denken.
Über das Erleben und Anerkennen von Widersprüchen (ab Klasse 10)
Im Workshop setzen sich die Schüler*innen zunächst mit der Geschichte des Nahostkonflikts auseinander. Dabei wird auch deutlich, dass der Konflikt in besonderer Weise mit Deutschland verbunden ist und dass er die Familiengeschichten und den Alltag aller Schüler*innen berührt. Vor diesem Hintergrund stehen dann die Emotionen im Mittelpunkt, die der Konflikt bei den Schüler*innen hervorruft. Ziel des Workshops ist es, Perspektivwechsel zu ermöglichen sowie Verstehen und Empathie für unterschiedliche Erfahrungen, Gefühle und Positionen zu fördern. Die Schüler*innen lernen dabei Formen von Diskriminierung wie Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus kennen.
Aktuell gibt es Workshopstandorte in Augsburg und Schwaben, Regensburg, Nürnberg Stadt und Land sowie in Würzburg und Unterfranken. In Einzelfällen sind Workshops auch außerhalb der genannten Regionen möglich.
Augsburg und Schwaben
Hier starteten 2017 die ersten bayerischen Teamer*innen mit ihrer Arbeit in Augsburg und Schwaben.
Kontakt: schwaben@ufuq.de
Nürnberg und Mittelfranken
Das Menschenrechtsbüro Nürnberg bietet seit 2018 Workshops in Nürnberg und Unterfranken an.
Kontakt: Rainer Neußer, rainer.neusser@stadt.nuernberg.de
Regensburg und Oberpfalz
Ende 2020 starteten die ersten Teamer*innen ihre Workshoparbeit in Regensburg. Über das Amt für kommunale Jugendarbeit der Stadt Regensburg und das Evangelische Bildungswerk Regensburg werden die Workshops sowohl in der Stadt als auch im Umland angeboten.
Kontakt: Soufiane Mouncir, ufuq@ebw-regensburg.de
Würzburg und Unterfranken
Seit Frühjahr 2019 werden Workshops in Würzburg und Unterfranken durchgeführt. Koordiniert werden sie vom Interkommunalen Präventionsnetzwerk Radikalisierung Würzburg.
Kontakt: Elena Enzmann und Heike Mix, koordination.rp@stadt.wuerzburg.de
Landshut und Niederbayern
Ab Herbst 2023 werden auch in Landshut und Niederbayern unsere Workshops durchgeführt. Der Standort wird aktuell aufgebaut und die ersten Teamenden in Niederbayern werden demnächst ausgebildet. Die lokale Koordination in Niederbayern übernimmt das Katholische Jugendsozialwerk München e.V. in Landshut.
Kontakt: Kristina Grgic, kristina.grgic@kjsw.de
Bayernweite Koordination
Begleitet werden die Workshop-Standorte in Bayern von der ufuq.de-Fachstelle in Augsburg. Die Fachstelle unterstützt die lokalen Kooperationspartner beim Aufbau des Standorts, schult die lokalen Teamenden und berät sie fortlaufend in ihrer pädagogischen Arbeit. Der Vernetzung der Standorte und der Weiterbildung ihrer Teamenden dient auch ein jährlicher Fachaustausch von Teamer*innen aller Workshop-Standorte in Bayern.
Bei Interesse an einem Standortaufbau in Ihrer Kommune können Sie sich gerne an uns wenden:
Fachstelle zur Prävention religiös begründeter Radikalisierung in Bayern
ufuq.de
Schaezlerstr. 32, 86152 Augsburg
Tel.: 0821/ 65 07 85 60
E-Mail: bayern@ufuq.de
Montag-Freitag 9:30 bis 13:30 Uhr und nach Vereinbarung.