„Wovon träumst du eigentlich nachts?“ – Podcast-Folge 3: Liebe, Ehe und Sexualität im Islam mit Samia
14. Januar 2021 | Diversität und Diskriminierung, Gender und Sexualität, Geschichte, Biografien und Erinnerung

Symbolbild: Herzballon; Bild: Lex Lee/unsplash

Der ufuq.de Podcast „Wovon träumst du eigentlich nachts?“ richtet sich an Jugendliche und pädagogische Fachkräfte. Verständlich und ohne Fachjargon erzählen junge Menschen aus der Zivilgesellschaft, was sie derzeit gesellschaftspolitisch beschäftigt, wie sie sich gegen Missstände engagieren und wie sie eigentlich leben wollen. In der dritten Folge mit der Islamwissenschaftlerin Samia geht es um Liebe, Ehe und Sexualität im Islam. Entstanden ist der Podcast im Rahmen der Fachstelle für Pädagogik zwischen Islam, antimuslimischem Rassismus und Islamismus in Berlin.

Samia bricht in dieser Folge mit verbreiteten Vorstellungen, der Islam und sexuelle Freiheit wären miteinander nicht vereinbar. Sie findet: Der Islam mit seiner geschlechtergerechten Lesart bietet eine gute Grundlage für gleichwertige Rollen in der Beziehungsgestaltung. Im Gespräch mit den ufuq.de-Mitarbeiterinnen Maryam Kirchmann und Jenny Omar geht es um das Patriarchat, sexuelle Bedürfnisse und Gerechtigkeit.

Die Folgen sind über Audioplayer oder Spotify streambar.


Transkription

Jenny:

Sag mal, Maryam. Wovon träumst du eigentlich nachts?

Maryam:

Ich hatte heute Nacht so einen schönen Traum. Ich habe von einer Welt geträumt, in der Mädchen und Jungen komplett gleichberechtigt sind, so in Bezug auf Liebe, Sexualität, Beziehungen, Ehe. Da hat zum Beispiel niemand zu Mädchen gesagt: „Das darfst du nicht. Das darfst du.“ Und zum Beispiel durften auch Jungs weinen und wurden dafür nicht ausgelacht und so weiter. Das war echt total schön.

Jenny:

Das hört sich echt nach einem sehr schönen Traum an. In dieser Traumwelt wäre ich auch gerne einmal. Das sind, glaube ich, auch so Themen, die alle irgendwie beschäftigen. Aber ich habe das Gefühl, gerade im Zusammenhang mit dem Islam, sind das Themen, die nochmal besonders viel diskutiert werden. Und es gibt sehr viele unterschiedliche Meinungen. Es wird sehr viel darüber in den Medien gesprochen. Oft sind sich die Leute nicht einig. Ich weiß eigentlich auch nicht so genau, was da richtig oder falsch ist, ob es jemanden gibt, der recht hat.

Maryam:

Ja, deswegen haben wir uns heute unsere wunderbare Gästin Samia El-Dakhloul eingeladen. Ich freue mich, dass du da bist. Samia, hast du kurz Lust, dich vorzustellen?

Samia:

Danke, Maryam und Jenny, dass ihr mich eingeladen habt. Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen und mit euch über diese spannenden Themen zu sprechen. Ich bin Islamwissenschaftlerin und beschäftige mich seit einigen Jahren mit den Themen Islam in Europa und Geschlechterbeziehungen und Sexualität im Islam, arbeite viel mit Jugendlichen zu diesen Themen und bin auch freie Referentin.

Maryam:

Wow!

Jenny:

Samia, dann kannst du uns bestimmt auch weiterhelfen. Wie ist denn das eigentlich? Was dürfen muslimische Mädchen in Sachen Liebe, Sexualität, Beziehung? Was dürfen Jungs? Gibt es da Unterschiede? Und gibt es da auch irgendwen, der das bestimmt oder der dann sagen kann, was richtig oder falsch ist?

Samia:

Also ich kann euch nicht sagen oder dem Zuhörer, was jetzt richtig oder falsch ist. Ich habe nicht das Patentrezept mit. Und ich bin auch keine islamische Gelehrte, dass muss ich an dieser Stelle noch einmal ganz klarmachen. Ich bin keine Sheikha. Ich habe keine religiöse Ausbildung und erhebe auch keinen Wahrheitsanspruch. Also ich sage nicht: Das, was ich hier sage, ist die absolute Wahrheit und sonst nichts. Was ich aber mache und was auch jeder andere machen kann, ist, dass ich mich viel damit beschäftige, was islamische Gelehrte und islamische Gelehrtinnen zu diesen Themen geschrieben haben und was sie dazu sagen und wie sich das entwickelt hat und was es da für unterschiedliche Ansätze gibt. Ich habe einen ganz besonderen Fokus auf antipatriarchale und geschlechtergerechte Perspektiven auf diese Thematik.

Maryam:

Was bedeutet denn jetzt eigentlich genau antipatriarchal? Ich glaube, so viel Zuhörer*innen wüssten jetzt nicht so ganz genau, was das bedeutet. Auch wenn es ein großes Konzept ist. Vielleicht kannst Du es ganz kurz erklären.

Samia:

Runtergebrochen verkürzt lässt sich vielleicht sagen, dass das Patriarchat ein System ist oder Strukturen sind, die Männern die Vorherrschaft in unserer Gesellschaft ermöglichen. Das bedeutet, dass Männer strukturell oft mehr Rechte haben, mehr Macht haben, Vorteile haben. Und andere Geschlechter, unter anderem Frauen, aber nicht nur Frauen, strukturell in der Gesellschaft benachteiligt sind. Ihr habt das gerade schon angesprochen; die Position, die Haltungen sind sehr, sehr vielfältig zu dieser Thematik. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Islam 1400 Jahre alt ist, weltweit verbreitet ist, und dass wir zu so ziemlich jeder Frage mehr als eine Antwort haben. Es ist sehr, sehr schwer in diesem Dschungel an unterschiedlichen Meinungen sich zurechtzufinden. Und das zwingt eigentlich ziemlich jede Person dazu, auf der Basis der eigenen Vernunft eine Entscheidung zu treffen, welchem Gelehrten oder welcher Rechtsschule oder welchem Koraninterpreten man jetzt folgen möchte. Das beantwortet vielleicht auch so ein bisschen deine eine Frage Jenny, wer jetzt sagen kann, was richtig und falsch ist. Wir haben ganz viel Expertise, aber am Ende des Tages muss das jeder Gläubige und jede Gläubige für sich selbst entscheiden.

Maryam:

Das, was man ja häufig irgendwie immer so in den Medien hört oder das, was so ganz viele, glaube ich denken, hier in Deutschland, ist so, dass der Islam im Allgemeinen total gegen Liebe und Sexualität ist. Wie ist denn das?

Jenny:

Aus meiner Perspektive: Ich sage immer, der Islam ist eine sexpositive Religion. Er ist auf keinen Fall sexfeindlich. Sexualität und Sex wird im Islam als Teil der menschlichen Natur und Teil des menschlichen Seins hier in der Welt betrachtet. Und Sexualität selbst wird nicht gewertet. Vor allem nicht als negativ bewertet. Sexualität ist nichts Schmutziges oder etwas, wofür man sich schämen muss, sondern ist selbstverständlicher Teil für viele Menschen. Und dem trägt der Islam sozusagen auch Rechnung. Im Rahmen der Ehe wird die Sexualität gar als etwas sehr Positives gesehen. Das ist etwas, was der Islam macht. Er reguliert Sexualität genauso wie viele andere Gesellschaften. Genauso, wie auch der deutsche Staat beispielsweise Sexualität reguliert. Das ist etwas, was sehr zentral im Islam ist und wo sich eigentlich auch so ziemlich alle einig sind, dass Sexualität in einem bestimmten Rahmen stattfinden muss. Und das ist der eheliche Rahmen. Wenn das passiert, im Rahmen einer guten Ehe, dann sieht der Islam Sex und Sexualität als etwas sehr Positives, das eine Wohltat für alle Menschen sein kann. Sowohl auf körperlicher Ebene – der Sex hat sehr, sehr viele Vorteile für die körperliche Gesundheit, aber auch für die emotionale Gesundheit. Sogar auch auf spiritueller Ebene gibt es Untersuchungen islamischer Gelehrter, die sagen, dass Sexualität auch viel mit der eigenen Spiritualität machen kann. Unerfüllte Sexualbedürfnisse werden hingegen eher als Gefahr für die Gesellschaft gewertet, das heißt, dass so etwas, wie Askese…

Jenny:

…wie zum Beispiel im katholischen Christentum, dass ja da die Priester keine Partnerschaft eingehen dürfen und ja dem entsprechend auch eigentlich keinen Sex haben dürfen. Ist damit so etwas gemeint?

Samia:

Genau. Das findet man im Islam kaum. Ich habe vorhin gesagt, es gibt irgendwie zu jeder Position auch Gegenpositionen. Das heißt, wir finden auch Muslime, die aus einer religiösen Überzeugung heraus auf Sex verzichten. Aber der Großteil der Muslime macht das nicht. Dem Großteil ist das auch eher fremd, Sex als etwas zu sehen, wenn das im richtigen Rahmen praktiziert wird, dass das als etwas Schlechtes angesehen wird.

Jenny:

Ich finde es ganz spannend, dass du so sagst, im richtigen Rahmen. Vielleicht kannst du dazu nochmal kurz etwas sagen.

Samia:

Ja, genau. Also, was meine ich, wenn ich über den richtigen Rahmen spreche? Im Islam, wie gesagt, wird Sexualität in einem ehelichen Verhältnis vorgeschrieben. Das bedeutet, dass eine religiöse Trauungszeremonie stattfinden muss. Außerhalb dessen, egal, ob man schon einmal Geschlechtsverkehr hatte oder auch nicht, sollte Sexualität nicht praktiziert werden. Aus einer liberalen Perspektive wird das sehr oft als unterdrückend wahrgenommen, als etwas, was die Sexualität beschränkt und klein hält. Aus islamischer Perspektive ist die Eheführung jedoch etwas, was den Partnern ermöglicht, Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Ja, so sich bewusst in eine reife, in eine ernsthafte Beziehung zu begeben und sich bewusst zu sein, was damit alles einhergeht. Man ist mit einem anderen Menschen in einer Beziehung, sowohl emotional als auch sexuell. Da können sehr viele Verletzungen passieren, da können sehr viele ungewollte Dinge passieren. Der Islam versucht sozusagen, indem er Sexualität in diesen Rahmen der Ehe bringt, gewissen Sachen vorzubeugen. Wie zum Beispiel ungewollten Schwangerschaften, wo dann hinterher nicht klar ist, wer der Vater ist beispielsweise. Oder eine Art von Commitment.

Jenny:

Dass beide sich sicher sind, was sie wollen? Vielleicht so etwas?

Samia:

Ja, dass beide voll da sind in der Beziehung und nicht einfach einer von heute auf morgen verschwindet und irgendwie den anderen sozusagen im Regen stehenlässt.

Maryam:

Jetzt will ich das nochmal genauer wissen. Du hast das ja schon so ein bisschen angerissen, aber wie ist das denn jetzt zum Beispiel, wenn Paare, die nicht miteinander verheiratet sind und vielleicht auch gar nicht heiraten wollen, miteinander schlafen, bevor sie überhaupt sozusagen diesen religiösen Ehebund geschlossen haben?

Samia:

Wie das ist? Das müsste man auf verschiedenen Ebenen beantworten. Du hast einerseits diese Ebene des Religiösen, wo man schauen muss, was sagen die religiösen Texte dazu? Was sagen die Gelehrten dazu? Wie sollte das im Idealzustand sein? Und was ist, wenn du das nicht so machst? Und dann gibt es aber auch die gesellschaftliche Ebene, wo geschaut wird oder wo man sehen muss: Wie wird das von der Gesellschaft bewertet? Gesellschaftlich ist das so, dass das für die Frau meist anders bewertet wird als für den Mann. Das heißt, Frauen, die außerehelich Geschlechtsverkehr haben, werden dafür meistens von der Gesellschaft sehr, sehr hart verurteilt, während bei Männern sehr oft ein Auge zugedrückt wird oder gar so etwas gesagt wird wie: Für Jungs ist das etwas Anderes oder bei Jungs ist das etwas Anderes. Das kann allerdings nicht auf religiöser Basis argumentiert werden, weil es dafür keine religiöse Basis gibt. Im Islam normativ gesehen, das heißt, von diesem Idealzustand, der im Koran beschrieben wird, der von der Sunnah überliefert wird und auch von den islamischen Gelehrten überliefert wird, gilt die Abstinenz, also das Nicht-Praktizieren von Sex außerhalb der Ehe, für alle Geschlechter. Wenn das also passiert, dass Frauen dafür mehr verurteilt werden, dann hat das eindeutig gesellschaftliche Hintergründe. Weil die Sexualität der Frau und der Körper der Frau in den patriarchalen Strukturen, in denen wir leben, sowohl innerislamisch als auch außerislamisch anders reguliert wird als die Sexualität des Mannes, als der Körper des Mannes.

Jenny:

Wo sieht man das denn zum Beispiel? Das, was du gerade gesagt hast, wird ja meistens wird komplett auf den Islam beschränkt, in den Medien zum Beispiel. Aber so, wie du das gerade sagst oder so, wie ich mir das jetzt gerade denke, hat das ja vielleicht gar nicht unbedingt etwas mit dem Islam an sich zu tun.

Samia:

Ein gutes Beispiel ist der Begriff der „Schlampe“, den wir alle mit einer weiblichen Person assoziieren und den wir dann einer Frau entgegenbringen, wenn sie aus gesellschaftlicher Perspektive zu viel Sex hat oder zu viel Sex mit zu vielen unterschiedlichen Partner*innen hat. Aber wir haben kein Gegenstück für den Mann. Wenn man das Wort „Schlampe“ aber für einen Mann benutzt, dann merkt jeder von uns: Irgendwie passt das nicht, irgendwie funktioniert das nicht. Das ist so das gängigste Beispiel, um darauf aufmerksam zu machen, oder um sich bewusst zu machen, dass wir da Doppelstandards haben. Für Männer, für Frauen, innerislamisch, aber auch außerislamisch. Ich glaube, eine große Schwierigkeit für viele junge Muslime ist, einerseits gegen die patriarchalen Strukturen innerhalb des Islam anzukämpfen und die zu kritisieren, die offenzulegen, in einer Gesellschaft, wo diese Schwierigkeiten, diese patriarchalen Strukturen, die tatsächlich da sind, dazu genutzt werden, auch oft schlecht über den Islam zu sprechen. Wo Bilder vorherrschen wie: Der Islam ist sexfeindlich, der Islam ist frauenfeindlich, muslimische Frauen sind immer unterdrückt, die dürfen nicht dies, die dürfen nicht das, und wenn dann junge Muslime sich hinstellen und sagen: „Tatsächlich läuft einiges schief in unserer Community“, dann ist da auch immer im Kopf: „Nein, der Islam wird ja sowieso schon immer so schlecht geredet, ich darf das jetzt nicht auch noch machen.“ Ich glaube, wir müssen eine doppelte Kritik führen: Einerseits müssen wir schauen, was läuft in unserer Community falsch? Was sind die patriarchalen Strukturen, die verhindern, dass Frauen frei ihre Sexualität und ihre Identität leben dürfen? Aber auch Männer: Wenn wir diese patriarchalen Strukturen kritisieren, dann müssen wir auch zum Beispiel darüber reden, was das Patriarchat mit Männern macht. Du hast das vorhin in deinem Traum angesprochen, dass Männer oft nicht weinen dürfen. Dass ihnen verwehrt wird, Emotionen zu zeigen. Dass ihnen verwehrt wird, zu Hause zu bleiben. Dass ihnen verwehrt wird, nerdy zu sein, vielleicht auch, und nicht der große starke Mann zu sein, der nur Fußball schaut und sich unter der Achsel kratzt. Ja? Das macht auch was mit Männern. Auch Männer sind vom Patriarchat betroffen. Ich glaube, darüber müssen wir eigentlich noch viel mehr sprechen.

Jenny:

Ich finde es total spannend, was du gesagt hast. Auch noch einmal, dass du gesagt hast, naja, eigentlich sehen wir das überall, dass zum Beispiel Mädchen anders beurteilt oder auch verurteilt werden als dann Jungs. Dass das am Ende wenig mit der Religion zu tun hat. Ich würde jetzt gerne auch noch eine andere Sache wissen. Du hast das vorhin schon so ein bisschen angedeutet, mit dem Rahmen der Beziehung, in dem dann eben Sexualität oder Liebe stattfindet. Ich glaube, so eine Frage, die oft auch im Raum ist: Wer darf eigentlich dann in der Beziehung oder in der Ehe Sachen entscheiden? Es geht auch oft darum, wer zum Beispiel entscheiden kann, auf welche Schule Kinder gehen. Darf das die Mutter entscheiden? Darf das der Vater entscheiden? Wie ist das eigentlich geregelt?

Samia:

Also die Entscheidungsbefugnis des Mannes wird häufig darüber argumentiert, dass er das rationalere Wesen sei zum einen, und auch darüber, dass er der geborene Anführer ist und das Familienoberhaupt. Das sind die Hauptargumentationsstränge oder die Hauptargumente. Das wird auf jeden Fall wieder durch eine geschlechtergerechte Lesart des Korans, aber auch durch Hadithkritik widerlegt.

Jenny:

Was ist denn genau eine geschlechtergerechte Lesart? Was kann ich mir als Laie darunter so vorstellen?

Samia:

Eine geschlechtergerechte Lesart ist Teil der größeren islamischen Vorstellung von Gerechtigkeit und des Gerechtigkeitsethos. Was meine ich damit? Dass Gerechtigkeit ein sehr wichtiges Thema im Islam ist. Wir finden das immer wieder an sehr vielen Stellen. Und die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, auch im Bereich Liebe, Sexualität und Beziehung, ist leider ein Bereich, der sehr häufig ausgeklammert wird. Wir sprechen viel über soziale Gerechtigkeit zwischen den sozialen Klassen, zwischen Armen und Reichen, zwischen Angehörigen verschiedener Völker und Religionen. Aber wenn es um Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern geht, dann haben wir leider sehr oft immer noch unsere patriarchale Brille auf, die wir ablegen müssen. Das versuchen geschlechtergerechte Lesarten. Genau in solchen hat man eben keine naturalistische Auffassung von Geschlechterrollen, wo man sagt, Männer sind so, Frauen sind so. Wir finden das nicht im Koran auf diese Art und Weise, sondern vielmehr das Prinzip: Derjenige, der geeignet dafür ist, der soll das tun. In einem Beispiel: Wir haben einen muslimischen Mann, der Tischler ist und wir haben eine muslimische Frau, die Erzieherin ist. Warum sollte der Mann entscheiden, auf welche Schule das Kind geht? Das macht null Sinn. Was wir also im Kopf haben müssen, ist, was Vorstellungen von Ehe und Familie im Islam sind. Es geht nicht um Vormachtstellung. Es geht nicht darum, dass der eine den anderen unterdrückt und irgendwie bestimmt, wie alles laufen soll und die andere Person hat sich zu fügen. Sondern wir haben zwei gleichberechtigte Partner, die miteinander eine Beziehung führen und eine Familie aufbauen, die harmonisch sein soll und die gut sein soll und die lange halten und stabil sein soll, die eine Wohltat für die beiden und für die Gesellschaft im Großen sein soll.

Maryam:

Das war eigentlich ein schönes Schlusswort. Ich habe jetzt aber noch eine letzte Frage. Samia, wovon träumst du, beziehungsweise was wünschst du dir mit Blick auf die Themen, die wir heute besprochen haben?

Samia:

Ich wünsche mir, dass die Menschen die Ungerechtigkeit patriarchaler Glaubenssätze für alle Geschlechter sowohl für Männer als auch für Frauen als auch für Menschen, die sich anders definieren, erkennen. Und dass erkannt wird, dass Geschlechtergerechtigkeit Teil des allgemeinen Strebens nach Gerechtigkeit und nach einer guten Gemeinschaft ist. Abschließend möchte ich sagen: Liebe, Beziehung und Sex sind etwas schönes. Warum verderben wir es uns also, indem wir unser Ego und unsere Machtgelüste und unser niederes Selbst regieren lassen, anstatt einfach gut miteinander zu sein?

Jenny:

Das ist fast noch ein schöneres Schlusswort. Liebe Samia, danke, dass du heute hier warst, und dieses spannende Thema mit uns besprochen hast.

Logo des Kompetenznetzwerkes „Islamistischer Extremismus“ (KN:IX)
Die Beiträge auf dieser Webseite erscheinen im Rahmen von KN:IX.
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