Den Begriff „Kopftuchmädchen“ assoziiert man im ersten Moment vermutlich mit abwertenden, rechtspopulistischen Aussagen. Dalal Mahra hatte darauf keine Lust mehr und entschied sich, den Begriff umzudeuten und ihn als empowernde Selbstbezeichnung zu nutzen. Sie gründete die „Kopftuchmädchen Media UG“, das erste Medien-Startup für muslimische Frauenstimmen in Deutschland, das es sich zum Ziel setzt, der stereotypen Darstellung muslimischer Frauen entgegenzutreten und ihre vielfältigen Lebensrealitäten sichtbar zu machen. Dabei kommen die Frauen selbst zu Wort und werden so gezeigt, wie sie gesehen werden möchten. Dalal spricht mit uns über Sonnen- und Schattenseiten der Selbstständigkeit, über Menschen, die sie inspirieren und die Bewältigung ihrer eigenen Kopftuchkrise.
Die Folgen erscheinen einmal im Monat und sind über den Audioplayer und auf Spotify hörbar.
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Transkription der Folge
Maryam:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge „Wovon träumst du eigentlich nachts?“ Mein Name ist Maryam.
Jenny:
Mein Name ist Jenny.
Maryam:
Heute wollen wir mit euch über das „Aufregerthema“ Nummer Eins sprechen. Es geht um das muslimische Kopftuch. Wenn viele von euch jetzt schon mit den Augen rollen, können wir euch beruhigen: Wir wollen nicht darüber sprechen, warum, wieso und weshalb Frauen überhaupt ihre Köpfe bedecken, sondern wollen heute mit Dalal Mahra über „Kopftuchmädchen“ sprechen, das erste Medien-Startup für muslimische Frauenstimmen im deutschsprachigen Raum. Hallo Dalal, stelle dich doch mal vor, wer bist du und was machst du überhaupt?
Dalal:
Hallo und Salam Aleikum, vielen Dank erstmal für die Einladung. Ich bin Dalal Mahra, die Gründerin von „Kopftuchmädchen“ und wir machen Female Empowerment für muslimische Frauen.
Jenny:
Das war jetzt kurz und knackig. Wir haben im Vorgespräch gesagt, du sollst nicht so viel erzählen. Ich habe mich eigentlich als allererstes gefragt: Was ist überhaupt ein Medien-Startup? Was macht ihr dort und was ist euer Ziel mit Kopftuchmädchen?
Dalal:
Ein Medien-Startup ist ein Unternehmen, das Medienerzeugnisse produziert. Bei uns ist es so, dass wir Videos produzieren. Wir haben auch einen Podcast, sind aber vor allem bei Instagram unterwegs und produzieren da Content. Aber unser Ziel ist es, mehr in Richtung Video zu gehen und Kurzfilme zu produzieren. Unser Ziel ist es, die Repräsentanz muslimischer Frauen, insbesondere kopftuchtragender Frauen, zu stärken und sie so zu zeigen, wie sie gesehen werden wollen. Wir sagen: „Wir zeigen Lebensrealitäten muslimischer Frauen. Unsere Lebensrealitäten.“
Jenny:
Okay. Wie genau macht ihr das? Du hast gerade schon beschrieben, ihr produziert Content für Instagram, ihr habt auch Videos. Wie genau geht ihr vor, um die Repräsentanz muslimischer Frauen, besonders kopftuchtragender muslimischer Frauen, in den Medien zu erhöhen?
Dalal:
Also angefangen haben wir vor circa zwei Jahren und da haben wir halt unsere Powerfrauen-Postings gemacht, das heißt, wir hatten ein Foto von einer muslimischen Frau und haben sie dann einfach vorgestellt mit ihrer Profession, mit ihrer Leidenschaft, mit ihren Talenten. In der Caption haben wir sie auch gefragt: „Was sind deine größten Erfolge? Und was bedeutet eigentlich der Islam, deine religiöse Praxis für dich?“, um – das ist auch eines unserer großen Ziele – die religiöse Praxis, diesen selbstbewussten Umgang mit der religiösen Identität zu stärken. Uns geht es nicht nur darum, plakativ zu sagen: „Hey, die trägt ein Kopftuch und ist Basketballerin“ oder so. Sondern uns ist auch wichtig zu zeigen: „Hinter dem Kopftuch steckt was Religiöses und das ist gut so, das ist okay und das darf auch sein und auch Menschen, die nicht sichtbar sind als Muslime oder nicht muslimisch gelesen werden, haben einen Bezug“, um diese spirituelle Ebene auch nochmal zu zeigen. Das, was hinter dem Kopftuch steckt, ist einfach viel deeper als das, was wir sehen und die ganzen Debatten, die dahinterstecken. Immer sonntags waren wir dann live zu unterschiedlichen Themen, da sind wir halt auch mega nah dran an der Community und gucken: Welche Themen interessieren und beschäftigen sie? Wir hatten schon zum Thema Sexualität und Fehlgeburten ein Live, wir hatten ein Live zum Thema Gewalt an Frauen, zum Thema Bosnien und dem Genozid dort. Also zu ganz vielen Themen, die unsere Community interessieren, sind wir dann regelmäßig live gegangen. Dann hat es sich so entwickelt, dass wir eine Förderung bekommen haben und dann wirklich auch zu YouTube geswitcht haben. Auf YouTube heißt unser Format „Kopftuchmädchen fragt“ und da machen wir dynamische Interviews mit muslimischen Frauen, angelehnt an unsere Powerfrauen-Posts, also sozusagen die Erweiterung dessen.
Jenny:
Wir sind in unserem Vorgespräch ein bisschen über den Namen „Kopftuchmädchen“ gestolpert, weil das in unserer Wahrnehmung so ein Begriff ist, der eher negativ konnotiert ist. Warum habt ihr euch genau für diesen Begriff entschieden?
Dalal:
Ja, das ist natürlich diese negative Assoziation, die man mit Alice Weidel oder auch Thilo Sarrazin verbindet. Wir wollten etwas Krasses machen, wollten Empowerment machen und sagen: „Okay, das, was uns zugesprochen wird, nehmen wir einfach mal an und reframen [umdeuten, Anm. d. Red.] das.“ Wir besitzen dann diesen Begriff und packen aber unterschiedliche Assoziationen mit rein. Also die Leute verbinden dann muslimische Powerfrauen damit und gar nicht mehr dieses Bild von Alice Weidel im Bundestag, wie sie da „Kopftuchmädchen“, muslimische Frauen, in einem nicht-schönen Kontext auf das Kopftuch reduziert. Und dass eine muslimische Frau, die in der Öffentlichkeit vielleicht als „Kopftuchmädchen“ beleidigt wird, das gar nicht mehr als Beleidigung auffasst, sondern sagt: „Kopftuchmädchen, die kenne ich, die feiere ich. Cool, ich bin jetzt ein Kopftuchmädchen.“
Jenny:
Ja, cool, wenn man mit Kopftuchmädchen dann einfach nur noch die Community verbindet und gar nicht mehr diese Abwertung. Du bist ja ungefähr im gleichen Alter wie wir. Wir verraten unseren Zuhörer*innen jetzt nicht unser Alter, aber du hast ja schon etwas gegründet und ich glaube die Besonderheit dahinter ist ja, dass du selbst Kopftuch trägst und das in Deutschland auf jeden Fall immer noch eine Besonderheit ist. Wie war das denn für dich als junge, kopftuchtragende muslimische Frau, zu gründen?
Dalal:
Da bin ich eigentlich hineingestolpert, also ich habe mir nicht wirklich viel Gedanken darüber gemacht, weil ich ja Sozialpädagogin bin und gar nichts mit Medien zu tun hatte vorher, außer, dass ich sie konsumiert habe. Ich komme gar nicht aus dem BWL-/Business-Bereich, ich komme auch nicht aus dem Journalismus, also das ist einfach alles aus einem sehr persönlichen Bedürfnis heraus entstanden, vor allem aus meiner eigenen Reise mit dem Kopftuch. Da waren Kopftuchkrisen dazwischen, da war ganz am Anfang sehr viel Ablehnung da. Dass ich das selbst tragen darf, war auch voll der Akt und manchmal war da auch ein Gefühl von „allein gelassen sein“ und keinen Support zu finden. Das, was „Kopftuchmädchen“ dahingebracht hat, ist einfach eine starke Leidenschaft für dieses Thema und ich glaube daran, dass die Leute das brauchen und sehe, dass die Community das braucht. Das ist das, was es trägt und das, was es eigentlich zu einem Unternehmen gemacht hat, würde ich jetzt sagen. Also es war gar kein konkreter Plan, aber es ist mega cool etwas zu gründen. Es macht voll Spaß und ich weiß, dass es nichts für jeden ist. Es ist mega viel Verantwortung, viel Zeit, die man investiert, man opfert einige Sachen. Deswegen muss es auch etwas sein, wo man wirklich hinter steht, wo man wirklich für brennt, weil sonst, glaube ich, hätte ich das auch gar nicht so lange machen können. Zwei Jahre komplett unbezahlt macht, glaube ich, nicht jeder.
Maryam:
Ich wollte gerade sagen, liebe Zuhörer*innen, Gründung bedeutet meistens, dass man ganz lange unbezahlt für etwas kämpft, in der Hoffnung, dass sich das dann irgendwann verstetigt. Das ist wirklich etwas ganz Tolles und sehr bewundernswert, was du da gemacht hast.
Dalal:
Ja, das stimmt. Da gab es auch Höhen und Tiefen. Aber ich muss sagen, es ist die aufregendste Reise, die ich jemals angetreten bin. Ich habe mega viel gelernt. Ich glaube, ich hätte niemals in einer so kurzen Zeit – ich finde, zwei Jahre sind nicht viel für eine Gründung – so viel gelernt. Es ist all das wert, all den Schweiß, das Blut und die ganze Zeit. Aber man muss echt an diese Sache glauben, Lust darauf haben und sich einfach trauen. Ich glaube, ganz viele Sachen haben viel mit Mut zu tun, sich einfach zu trauen und auch wegzukommen von diesem Perfektionismus. Zu sagen: „Ich teste einfach mal Sachen aus und wenn etwas nicht funktioniert, dann bin ich schlauer.“ Das ist ja auch der Sinn eines Tests. Wir haben auch Sachen ausprobiert und gesagt: „Irgendwie läuft das nicht so.“ Ich war zum Beispiel mega ernüchtert, als ich gesehen habe, wie die Insights von unseren „Kopftuchmädchen fragt“-Interviews auf Youtube aussehen und habe gecheckt: „Youtube ist einfach ein ganz anderes Game, da musst du ganz anders rangehen. Du weißt, wie Instagram funktioniert, aber du weißt nicht, wie Youtube funktioniert.“ Da muss man nochmal viel mehr Zeit investieren und nochmal genauer gucken, wie das geht. Aber ganz viele Sachen sind halt einfach auch: machen, machen, machen und irgendwann siehst du, was daraus wird. Du siehst nicht direkt Ergebnisse, sondern musst erstmal dranbleiben. Deswegen kann es sein, dass wir auch zu früh damit waren, zu gucken, wie die Insights und Watchtimes von YouTube sind: Wie viele Leute haben das Video angeklickt? Wie viele Leute haben wie lange das Video geschaut? Man muss einfach viel Geduld mitbringen, aber es ist eine sehr schöne Reise und wenn man wirklich ein Thema hat, auf das man Lust hat und sagt „Ich will mich da reinhängen“, dann würde ich sagen „Go for it!“
Jenny:
Ich wollte gerne nochmal zu dem zurückkommen, dass du am Anfang ja gesagt hast, es geht euch vor allem darum, muslimische Frauen darzustellen, die Repräsentanz von starken Frauen zu stärken, die tolle Sachen machen. Mich würde nochmal interessieren, warum ihr euch explizit dafür entschieden habt, Frauen zu zeigen. Man könnte ja auch sagen: „Muslimische Männer werden auch nicht immer nur positiv in Medien dargestellt.“ Wie kommt es, dass ihr euch explizit darauf konzentriert, euch mit Frauen zu beschäftigen?
Dalal:
Gute Frage. Das hatten wir auch schonmal ausdiskutiert, weil ich mega konsequent bin. Man findet sehr selten überhaupt ein Storyposting über einen Mann, ich bin da voll strikt. Einerseits ist es natürlich so, dass antimuslimischer Rassismus oft an den Kopftüchern der Frauen haftet, weil sie einfach so stark als Muslimas erkennbar sind, also vermehrt antimuslimischen Rassismus erleben. Dann gibt es aber auch andere Themen, mit denen muslimische Frauen zu kämpfen haben. Abgesehen von antimuslimischem Rassismus auch mit Sexismus. Oft sind sie auch Women of Color und dann gibt es auch da nochmal Diskriminierung. Ich glaube, da sind so viele Themen, die zusammenkommen und einfach ein starkes Bedürfnis, ein Space zu haben für Frauen. Wenn wir uns Events ansehen und gucken, wie viele Speaker*innen muslimische Frauen sind, wird es eng, super eng. Wir wollen einfach diesen Raum schaffen und sagen: „Dieser Raum gehört uns.“ Und dieser Raum ist auch sehr konsequent. Wenn man auf unsere Instagram-Seite geht und durchscrollt, wird man schon ein, zwei Männer sehen. Das sind Allies, das gehört zu unseren Membership-Kampagnen, weil wir wissen, dass es auch muslimische Männer gibt, die die Arbeit unterstützen. Sie sind weder weiblich, manchmal sogar auch nicht muslimisch und nicht unsere Hauptzielgruppe, aber trotzdem unterstützen sie uns und wir fanden das schön, das auch in unsere Membership-Kampagnen mit einzubetten und zu zeigen, dass unsere Community sehr vielfältig ist, obwohl unsere Zielgruppe ziemlich klar ist, nämlich muslimische Frauen.
Jenny:
Ja, danke. Ich finde es auch wichtig, dass du nochmal betonst, dass muslimische Frauen eben auch nochmal mit ganz anderen Diskriminierungen zu kämpfen haben. Wir haben jetzt an einigen Stellen schon euren Instagram- und Youtube-Kanal erwähnt. Wir verlinken euch die auf jeden Fall und ich will nochmal sagen, dass man „Kopftuchmaedchen“ eben mit „ae“ schreibt, falls ihr das suchen wollt.
Maryam:
Jetzt, wo wir gerade über euren Instagram-Kanal gesprochen haben: Ihr habt ja auf Instagram immer diese Umfragen, in denen ihr verschiedene Frauen fragt: „Wie ist es für dich, als Hijabi in Deutschland zu sein?“ Genau diese Frage möchte ich dir jetzt stellen. Wie ist es denn für dich?
Dalal:
Wie ist es für mich? Es ist manchmal sehr anstrengend. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin so im Fight Mood, wenn ich rausgehe. Das habe ich total gemerkt, als ich mal eine Woche in Istanbul war. Ich war dort einfach eine ganz stinknormale Frau, nichts Besonderes. Manchmal will man nichts Besonderes sein, manchmal will man einfach nur sein. Aber ja, ich habe mich ja bewusst für das Kopftuch entschieden und ich kann es auch verstehen. Ich habe ja gesagt, dass ich selber auch eine Kopftuchkrise hatte, wo ich das Kopftuch anders getragen habe, weil ich das Gefühl hatte, es darf nicht wie ein Kopftuch aussehen. Ich habe in dem Moment auch nicht so wirklich Halt gespürt und mich mega alleine gefühlt damit und habe dann aus diesem Grund das Kopftuch anders angezogen. Man denkt immer: „Jeder darf sich anziehen, wie er möchte und jeder kann so sein, wie er möchte.“ Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass das schon irgendwann Grenzen hat. Und ich fand es mega traurig, in meiner Krise zu spüren: „Eigentlich bin ich das gar nicht. Eigentlich stehe ich da gar nicht hinter. Eigentlich würde ich es viel lieber anders tragen, aber ich kann gerade nicht, das ist mir alles zu viel Druck.“ Wieder zu der Stärke zurückzufinden und bewusst zum Kopftuch zu finden, war für mich ein wichtiger Prozess. Jetzt im Nachhinein weiß ich auch, warum ich das brauchte. Ich habe jetzt einfach eine ganz andere Perspektive und fühle noch mehr mit, wenn Frauen sagen: „Ich schaffe das nicht, ich kann das nicht“ oder „Ich trage das anders, weil es einfach so viel Druck ist.“ Aber gleichzeitig ist es super schön, wenn ich die Straße runterlaufe und eine Frau sehe, die ein Kopftuch trägt und mich anlächelt oder ich vielleicht ein „Salam Aleikum“ kriege. Da ist eine Verbundenheit da, einfach aufgrund der Sichtbarkeit als Muslima, die ich sonst wahrscheinlich nicht erleben würde. Ich versuche das natürlich auch zu machen, weil ich weiß, dass es auch Unbehagen oder nicht so schönes Verhalten gegenüber kopftuchtragenden Frauen gibt. Sie dann einfach anzulächeln, ist was voll Schönes und ich habe das auch schon mal von nicht-muslimischen Frauen oder Menschen erlebt, wo ich dachte: „Hey, kenne ich die Person?“ So ein richtig bewusstes Anlächeln und ich fand das voll schön. Das ist auch eine einfache Möglichkeit, glaube ich, eine Art von Solidarität zu zeigen. Wer freut sich denn nicht über ein Lächeln?
Maryam:
Ja, klar. Vielen Dank auch gerade für diese sehr persönliche Antwort. Ich glaube ja ehrlich gesagt, dass du mit deiner Gründung und mit deiner Funktion und all dem, was du gerade machst, ja total das Vorbild für ganz viele junge Frauen bist und vielleicht schließt sich daran die Frage an: Warum braucht es denn unbedingt diese Vorbilder in der Gesellschaft?
Dalal:
Es braucht allgemein Vorbilder, damit junge Menschen sehen, dass Sachen funktionieren, dass sie Sachen erreichen können. Dann, glaube ich, für BIPoC, Menschen of Color, ist es auch total wichtig zu sehen: „Ich kann als Schwarze Frau oder als Schwarzer Mann auch in die Chefetage kommen.“ Ich glaube, für muslimische Frauen ist das noch viel wichtiger, weil wir die ganze Zeit hören: „Kopftuchverbot hier, Kopftuchverbot da.“ Irgendwann denken wir: „Überall ist Kopftuchverbot. Kann ich überhaupt irgendwas machen?“ Es gibt Frauen, die sich nicht trauen, sich zu bewerben, weil sie denken: „Ich werde eh nicht genommen.“ Deswegen finde ich es noch viel wichtiger, zu zeigen: „Du, genauso wie du bist und nicht anders, du kannst das erreichen, was du willst, du kannst deine Träume erreichen, du darfst groß denken und du darfst dich nicht klein machen lassen von irgendwelchen Debatten oder Verboten.“ Ich glaube, dass alles möglich ist, wenn man es wirklich will und wenn man dafür kämpft und wenn man das durchzieht. Die Leute spüren auch, wenn man wirklich hinter einer Sache steht und die hartnäckig will. Ich habe das Gefühl, dann will die ganze Welt, dass du das erreichst. Diese Frauen zu zeigen, ist mega inspirierend, weil die sich durchgekämpft und genau das getan haben. Wir haben zum Beispiel Meriem Lebdiri interviewt. Wir sind nach Mannheim gefahren und haben mit ihr das dynamische Interview „Kopftuchmädchen fragt“ geführt. Zu sehen, wie sie seit zehn Jahren oder länger dabei ist, Mode zu machen, und zwar Modest Fashion, wo ihr früher Leute gesagt haben: „Modest Fashion kauft keiner.“ Und jetzt gibt es einen richtigen Boom. Ich finde das so krass, weil sie daran geglaubt hat und da fest dabeigeblieben ist, dass sie als praktizierende kopftuchtragende Muslima auch Mode machen kann und dass sie da nicht ausgeschlossen wird, was vor zehn Jahren noch ganz anders aussah. Deswegen ist es, glaube ich, wichtig, dass wir Frauen wie Meriem Lebdiri zeigen und jungen Frauen und Mädchen so zeigen, dass es tatsächlich möglich ist. Es gab eine Zuhörerin, und das ist mein letzter Punkt dazu, die uns geschrieben hat, dass sie mit ihren Töchtern und deren Cousinen eine richtige „Kopftuchmädchen fragt“-Session gemacht hat und dann haben sie sich die Interviews angesehen und sie hat geschrieben: „Vielen Dank, jetzt habe ich was, was ich meinen Töchtern zeigen kann, mit dem sie wirklich was verbindet oder mit dem sie wirklich was anfangen können“, was mega stark ist. Wir hatten auch eine Anfrage, ob es die „Kopftuchmädchen“-Hoodies auch in Kindergrößen gibt. Ich dachte: „Boah, das ist krass.“ Ich glaube, das bewegt total viel. Junge Mädels, die in der siebten Klasse, achten Klasse oder wann auch immer anfangen, das Kopftuch zu tragen, die wollen das auch, aber sind vielleicht noch ein bisschen unsicher. Wenn die dann zur Schule gehen mit so einem Hoodie, ist das so ein richtiges Statement: „Kopftuch tragen kann auch cool sein.“
Maryam:
Ja, voll schön. Hast du denn eigentlich ein eigenes Vorbild? Ich meine, du hast so viel geschafft und machst so viel. Wer war denn dein Vorbild?
Dalal:
Mein Vorbild war vor allem meine Mutter. Ich finde, sie ist die größte Empowererin, obwohl sie als Kind nicht zur Schule gehen durfte. Wenn man sie sieht, würde man jetzt nicht denken: „Die ist voll die empowernde, coole Frau.“ Aber meine Mutter hat mich sehr stark gepusht bei allem, was ich machen wollte, und hat mir sehr viel vertraut, auch mit „Kopftuchmädchen“. So richtig, glaube ich, kann sie noch immer nichts damit anfangen, aber sie denkt sich: „Du machst das schon.“ Mich inspirieren auch Frauen wie zum Beispiel Alicia Keys. Ihre Musik hat mich mega inspiriert und mir geholfen, auch als ich meine Kopftuchkrise hatte. Ich habe das Lied „Girl can’t be herself“ von ihr gehört und ich fand das voll cool, weil das ausgedrückt hat, wo ich gerade in der Phase war: „Ich habe das Gefühl, ich kann gerade nicht ich selbst sein.“ Auch solche Songs wie „Girl on fire“ habe ich ganz oft bei den Powerfrauen-Postings in der Story, weil es mich mega inspiriert und gestärkt hat. Ich wollte auch einen positiven Vibe mit reinbringen, also Alicia Keys inspiriert mich bis heute noch und ich feiere sie voll. Es gibt immer wieder Frauen, die ich cool finde und die mich inspirieren. Auch Tijen Onaran von „Global Digital Women“ finde ich cool, deswegen freu ich mich voll, wenn ich sie treffen kann. Kennt ihr die? (Maryam: Kenne ich nicht, nein.) Die setzt sich sehr stark für Diversität und für Frauen im Business ein. Da gab es auch eine Doku, die heißt „Yes she can – Frauen verändern die Welt“. Sie setzt sich sehr viel dafür ein, dass Frauen auch vorankommen und das feiere ich und solche Frauen inspirieren mich auch.
Maryam:
Ja, vielen Dank. Erstmal ganz liebe Grüße an deine Mama und an Alicia Keys. Schön, dass die dich inspirieren konnten und dadurch auch uns alle inspirieren. Ich haben noch eine Frage. Wir haben nämlich auch schon über den Erwartungsdruck gesprochen. Wie gehst du denn in deiner Funktion und auch in deiner Vorbildfunktion mit den Erwartungen aus deiner eigenen Community um? Weil, es ist natürlich so, da müssen wir uns alle nichts vormachen, es gibt jetzt nicht die eine Einheitsmeinung und alle applaudieren, sondern es gibt bestimmt ganz viele unterschiedliche Meinungen zu dem, was du machst. Wie gehst du damit um?
Dalal:
Ich sehe das als Feedback und versuche zu verstehen, was hinter dieser Nachricht steckt und was sich die Menschen wünschen. Aber es ist auch okay, dass jemand nicht meiner Meinung ist und das nicht schön findet. Dann muss er oder sie sich das ja nicht reinziehen, sondern kann sich was anderes anschauen. Also einfach auch zu sagen: „Es ist okay, wenn jemand meckert, es ist okay, wenn jemand sagt, er findet das blöd. Ich kann es nicht jedem recht machen. Will ich auch nicht und muss ich auch nicht.“ Ich glaube, es ist wichtig, so eine Leichtigkeit reinzukriegen und aber bei manchen Nachrichten auch zu verstehen: „Was kann ich noch verbessern, was können wir anders machen? Was sagt mir diese Nachricht, was sagt mir dieses Feedback?“
Jenny:
Da hast du mir auf jeden Fall ein gutes Stichwort gegeben, Dalal. Apropos Feedback: Wir freuen uns auch immer sehr, wenn ihr uns Feedback zum Podcast gebt oder Fragen und Anregungen habt. Schreibt uns gerne auf unserem Instagram Kanal. Ihr könnt natürlich auch auf die ufuq.de-Webseite gehen und uns dort eine Nachricht hinterlassen. Bevor wir jetzt aber diesen Podcast beenden, stellen wir all unseren Gäst*innen ja immer noch eine Frage. Dalal, wovon träumst du eigentlich nachts, in Bezug auf Hijab tragende Frauen in Deutschland? Was wünschst du dir?
Dalal:
Ich träume nachts davon, dass es für alle Frauen möglich ist, ihre Träume zu verwirklichen, das zu erreichen, was sie erreichen wollen, ohne Angst zu haben, dass sie das aufgrund ihres Aussehens, aufgrund ihres Kopftuches nicht können. Und ich träume davon, dass ich bei Events oder Veranstaltungen, wo es um die unterschiedlichsten Themen geht, auch muslimische Frauen und kopftuchtragende Frauen sehe und mich nicht darüber freue, weil es etwas voll Besonderes ist, sondern, dass es das Normalste auf der Welt wird.
Jenny:
Ja, danke schön. Ich glaube, das ist ein sehr schönes Schlusswort. (Maryam: Ja, aber Hallo.) Vielen Dank, dass du da warst, Dalal. Und wir freuen uns, wenn ihr das nächste Mal wieder dabei seid, beim ufuq.de Podcast „Wovon träumst du eigentlich nachts?“
Zum Weiterhören
Hier geht es zu allen Folgen des ufuq.de-Podcasts „Wovon träumst du eigentlich nachts?“