Der jährlich erscheinende KN:IX-Report ist eine Zusammenstellung aus Berichten und Evaluationen von Maßnahmen und Veranstaltungen des KN:IX sowie inhaltlichen Beiträgen zu Themen und Fragestellungen der Präventionsarbeit. Neben dem Stimmungsbild 2023 und einer Vorstellung der Präventionsarbeit der Landesdemokratiezentren, enthält der KN:IX-Report 2023 sechs Schlaglichter. Im Folgenden sind diese kurz zusammengefasst und sollen die Lust am Lesen wecken. Der Report ist auch auf der KN:IX-Webseite abrufbar.
Weniger wird nicht mehr bewirken
Weichenstellungen für Demokratieförderung und Extremismusprävention
Rüdiger José Hamm
(BAG RelEx)
Lebendige Demokratie bedarf sowohl einer nachhaltigen zivilgesellschaftlichen Demokratieförderung als auch der Extremismusprävention. Vor diesem Hintergrund wirft Rüdiger José Hamm aus zivilgesellschaftlicher Perspektive einen Blick auf die derzeitigen Bedarfe und Herausforderungen für die Prävention von religiös begründetem Extremismus. Nach einem kurzen historischen Exkurs zur Entwicklung von Demokratieförderung und Extremismusprävention, umschreibt Hamm deren aktuelle gesellschaftspolitische Ausgangslage und neuen Rahmenbedingungen. Schließlich werden Empfehlungen für die Zukunft zivilgesellschaftlicher Demokratiearbeit formuliert.
Fundamentalismus, Islamismus, Radikalisierung?
Begriffliche Zugänge zu einem vielschichtigen Gegenstand der Präventionsarbeit
Dr. Götz Nordbruch
(ufuq.de)
In den Begriffen, die wir zur Beschreibung eines Phänomens verwenden, spiegeln sich Grundannahmen und Fragestellungen, mit denen wir es betrachten. Das gilt auch für Begriffe wie „Islamismus“, „religiös begründeter Extremismus“ oder „Radikalisierung“, die in der Fachdebatte und der Präventionspraxis häufig synonym verwendet werden, obwohl sie doch jeweils ganz eigene Akzente setzen. Der Beitrag von Dr. Götz Nordbruch soll dazu anregen, sich die verschiedenen Blickwinkel, aus denen das Phänomen des Islamismus betrachtet werden kann, und die damit jeweils verbundenen Zielsetzungen bewusst zu machen.
Framing the Enemy
Wie die Identitäre Bewegung und Generation Islam ihre Gegner*innen beschreiben und was wir daraus über sie erfahren
Charlotte Leikert
(BAG RelEx)
Für extremistische Gruppen spielt die Konstruktion von Eigen- und Fremdgruppe eine zentrale Rolle – unter anderem, weil sie versuchen, Polarisierungen in der Gesellschaft voranzutreiben. Nicht zuletzt dient der Bezug auf Fremdgruppen auch der Rekrutierung neuer und der Bindung bereits bestehender Sympathisant*innen. In ihrem Beitrag untersucht Charlotte Leikert, wie sich die rechtsextreme Identitäre Bewegung (IB) und die islamistische Generation Islam (GI) auf Fremdgruppen beziehen und wie sie diese in ihren Posts über Twitter framen. Abschließend werden daraus Folgerungen für die Präventionsarbeit abgeleitet.
Gibt es „woken“ Islamismus?
Online-Akteur*innen zwischen Empowerment und dem Kampf gegen eine „Wertediktatur“
Sakina Abushi
(ufuq.de)
Im vergangenen Jahr sind auch im deutschsprachigen Raum Stimmen lauter geworden, die von einer neuen Welle des Islamismus, dem sogenannten „Woke Islamism“ sprechen. Vor allem konservative und religionskritische Stimmen sind es, die vor einer Instrumentalisierung rassismuskritischer und identitätspolitischer Debatten durch islamistische Akteur*innen warnen. Am Beispiel der Auseinandersetzung deutscher islamistischer Organisationen und Kanäle mit Anschlägen wie in Christchurch oder Hanau geht Sakina Abushi der Frage nach, welche Rolle solche Ereignisse für die Mobilisierung spielen und ob tatsächlich von einem „woken“ Islamismus die Rede sein kann.
Übergänge gestalten
Deradikalisierung im und nach dem Justizvollzug
Thomas Mücke und Franziska Keller
(Violence Prevention Network)
Was ist eigentlich Deradikalisierungsarbeit – noch dazu im Gefängnis? Welche Arbeitsschritte und Methoden spielen eine Rolle, welche Ziele verfolgt sie? Der Beitrag von Thomas Mücke und Franziska Keller wirft einen detaillierten Blick auf das Feld der indizierten Prävention. Theoretische Grundlagen der Beratungsarbeit werden dabei ergänzt durch praxisnahe Einblicke aus Justizvollzug und Bewährungshilfe.
Flexibel denken
Impulse aus der Kognitionswissenschaft für die Präventions- und Distanzierungsarbeit
Hannah Strauß
(Violence Prevention Network)
Der Einfluss von kognitiven Prozessen wird in der Praxis selektiver und indizierter Prävention weitgehend außer Acht gelassen. Tatsächlich scheinen kognitive Faktoren zunächst wenig Ansätze für die alltägliche praktische Arbeit zu liefern. Außerdem sollten extremistische Einstellungen nicht auf Kognition reduziert oder gar pathologisiert werden. Unter Berücksichtigung dieser Bedenken befasst sich Hannah Strauß mit der Frage, ob Erkenntnisse über kognitive Prozesse nicht doch innovative Impulse und kreative Ansätze für die Distanzierungs- und Ausstiegsarbeit liefern können.
Report 2023 – Herausforderungen, Bedarfe und Trends im Themenfeld