Am 23. und 24. September 2024 findet im Rahmen des Kompetenznetzwerks „Islamistischer Extremismus“ (KN:IX) die Fachtagung „Islamismusprävention für alle? Chancen und Fallstricke universeller Prävention in Institutionen und Regelstrukturen“ in Berlin statt.
Universelle Prävention von Islamismus soll überall stattfinden: im Sportverein, in der Schule, der Kommune, bei der Polizei oder in der Medien- und Jugendarbeit. Das hat sie mit der Prävention anderer Formen von Extremismus gemeinsam. Gefragt sind also in erster Linie die Fachkräfte in den einzelnen Feldern wie etwa Lehrer*innen, Präventionsbeamte oder (häufig ehrenamtliche) Trainer*innen. An sie – und an ihre Ausbilder*innen in den Institutionen und Regelstrukturen – richtet sich unsere Fachtagung.
Wie können Fachkräfte Jugendliche stärken und präventiv wirken? Was müssen sie zu Islam und Islamismus wissen, womit fühlen sie sich überfordert? Welche Chancen bieten sich und wie können Fachkräfte Stigmatisierung und Diskriminierung „ihrer“ Jugendlichen vermeiden? Welche positiven und negativen Erfahrungen gibt es in den Handlungsfeldern der universellen Islamismusprävention?
Die Fachtagung richtet sich an Personen aus dem Bereich der Islamismusprävention und an Fachkräfte aus den Arbeitsfeldern Medienpädagogik, Polizei- und Jugendarbeit, politische Bildung, Schule und Sport, sowie an Vertreter*innen von Kommunen und Behörden. Er wird von ufuq.de in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus Institutionen und Regelstrukturen durchgeführt und findet im Rahmen des Kompetenznetzwerks „Islamistischer Extremismus“ (KN:IX) statt.
Wann? 23. & 24. September 2024
Wo? Schankhalle Pfefferberg | Schönhauser Allee 176 | 10119 Berlin
Die Teilnahme ist kostenlos.
Wir bitten um Anmeldung bis 31. Juli unter: www.eveeno.com/islamismuspraevention
Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Sie erhalten bis zum 08. August eine E-Mail, ob Ihre Anmeldung berücksichtigt werden konnte.
Programm
1. Tag (23.09.2024)
Gemeinsames Ankommen bei Kaffee, Tee & Croissants
Dilek Üşük (Moderation)
Sakina Abushi & Yunus Yaldiz (ufuq.de)
Götz Nordbruch
In der pädagogischen Praxis treten häufig Unsicherheiten auf, wenn Positionen und Verhaltensweisen Jugendlicher eingeschätzt werden sollen. Sobald der Verdacht besteht, dass Äußerungen auf eine Hinwendung zum Islamismus weisen könnten, stellt sich den Fachkräften meist die Frage nach spezifischen Merkmalen und nach der Grenze zwischen Islam und Islamismus. Im Forum versuchen wir zu beleuchten, welche Fallstricke der Präventionsarbeit es in der Jugendhilfe zu beachten gilt, welche Handlungsmöglichkeiten sich durch eine Kinder- und Jugendschutzperspektive eröffnen und wie diese die Praxis der Fachkräfte unterstützen können.
Referentinnen:
Saskia Lanser & Dr. Melanie Weißenberg („Plan P. – Jugend stark machen gegen islamistische Radikalisierung“ | Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW)
Schon seit einigen Jahren wird in Fachdebatten über das schwierige Verhältnis von politischer Bildung und (Extremismus-)Prävention diskutiert: Während Präventionsarbeit einer Verhinderungslogik folgt, wird politischer Bildung eine Gestaltungslogik zugeschrieben. Doch in welcher Form zeigen sich diese Gegensätze in der Praxis von universeller Islamismusprävention? Welche Angebote verfolgen welche Ziele für welche Zielgruppen? Zu welchen Inhalten arbeiten sie mit welchen Methoden? Und: Welche Rolle spielt diese Debatte überhaupt in der Praxis? Im Forum werfen wir einen Blick auf das Selbstverständnis verschiedener Institutionen und Angebote, um anschließend über Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Bildungsansätze zu diskutieren.
Referent*innen:
Felix Steinbrenner und/oder Julia Hinze (Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg), Mathieu Coquelin (Fachstelle Extremismusdistanzierung/Demokratiezentrum Baden-Württemberg), Dženeta Isaković (Mosaik Deutschland e.V./Heidelberg)
Welche Ideen und Formate der Islamismusprävention haben sich in den letzten Jahren in der Polizeiarbeit bewährt? Vier Praktiker*innen geben Einblicke in ihre Erfahrungen: Die Polizei Baden-Württemberg gibt Einblicke in das theaterpädagogische Programm „Achtung?!“, das Schüler*innen für Radikalisierungsgefahren sensibilisiert und zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Vielfalt anregt. Das ProPK stellt sein Medien- und Praxispaket „Junge Menschen stärken – Radikalisierung vorbeugen“ vor, das Ansätze, Materialien und Methoden für die universelle Präventionsarbeit in den Themenfeldern Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus zusammenführt. Die Polizei Niedersachsen informiert über lokale Sensibilisierungs- und Netzwerkarbeit, spricht über Good Practice Beispiele und über Hürden bei der Kooperation staatlicher und zivilgesellschaftlicher Präventionsakteure. Die Polizei Berlin präsentiert ihre Ansätze zur Islamismusprävention und wirft dabei auch einen Blick auf die Praxis von Deradikalisierung. Anschließend diskutieren wir im Forum darüber, welche Rolle polizeiliche Angebote im Rahmen universeller Prävention spielen können.
Referent*innen:
Vertreter*innen der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK), der Polizei Baden-Württemberg, Polizei Niedersachsen, Polizei Berlin
Die Mittagspause findet im Braugasthaus der Schankhalle Pfefferberg statt.
Saskia Lanser (Plan P./Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW)
Ramses Oueslati (LI Hamburg)
Jouanna Hassoun (Transaidency)
Anne Steckner (RAA Brandenburg)
Moderation: Sakina Abushi & Yunus Yaldiz (ufuq.de)
Wenn Schulen Beratung zu Themen wie Islamismus oder Antisemitismus suchen, weil etwa die Gruppierung „Muslim Interaktiv“ in Hamburg Kundgebungen veranstaltet oder der Krieg in Gaza polarisiert, sind viele unterschiedliche Ebenen zu beachten – denn die Lehrkräfte wollen alles richtig machen, sind dabei oft selbst emotionalisiert und verunsichert. Das Landesinstitut für Lehrerbildung (LI) in Hamburg berät seit über 10 Jahren Schulen und Lehrkräfte zur Prävention von Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit, wie z.B. Islamismus. Ramses Oueslati ist Teil des Beratungsteams und arbeitet neben seiner Tätigkeit am LI als Lehrkraft an der Nelson-Mandela-Schule Hamburg-Wilhelmsburg, einem Stadtteil mit niedrigem Sozialindex. Im Forum können gelungene und misslungene Beispiele von Beratung und pädagogischer (Präventions-)Arbeit ausgetauscht und Schlussfolgerungen daraus gezogen werden.
Referent:
Ramses Oueslati (LI Hamburg)
In den letzten Jahren hat sich eine fast schon unübersichtliche Angebotslandschaft im Bereich der Prävention religiös begründeter islamistischer Radikalisierung entwickelt, die aus unterschiedlichsten Fördertöpfen finanziert wird. Die Arbeit zu einem vor allem „religiös begründeten“ Phänomen ließe nun erwarten, dass neben (sozial-)pädagogischer oder psychologischer Expertise auch Theolog*innen und Akteure aus den migrantisch geprägten religiösen Communities und Selbstorganisationen gefragt wären – diese sind in der Präventionslandschaft jedoch deutlich unterrepräsentiert. Zudem wird häufiger über religiöse Communities geredet – ob als gefährdet, gefährlich oder jedenfalls zentrale Zielgruppe – als mit ihnen. Mit unseren Gästen wollen wir diskutieren, woran das liegt. Welche Vorstellungen, Erwartungen und Zuschreibungen spielen hier eine Rolle? Inwiefern ist dieses Paradox ein Hemmnis für erfolgreiche Universalprävention? Soll diese nicht gerade in Regelstrukturen und damit auch durch gute Bildungs- und Jugendarbeit in Gemeinden geleistet werden?
Referent*innen:
Seyda Saricam (Schura Schleswig-Holstein), Ibrahim Aslandur (Deutschsprachiger Muslimkreis Karlsruhe), Matthias Schmidt (Bündnis der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland) und Murhaf Al Ahmed Danawar (Offene Islamische Gemeinde Dessau)
Moderation: Clara Gabel (Salam Sachsen-Anhalt/Hallesche Jugendwerkstatt)
Der organisierte Sport in Deutschland ist mit 27 Millionen Mitgliedschaften und 87.000 Vereinen ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Alltäglich bietet er Millionen Menschen einen sicheren Ort für Bewegung, Austausch und Engagement. Doch auch Ausgrenzung, Hass und Diskriminierung treten im Sport zu Tage. Seit vielen Jahren beschäftigen sich Sportverbände mit den Phänomenen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Dazu zählt auch religiös begründeter Extremismus und Islamismus. Die Expertise in diesem Feld wollen wir stärken. Im Forum geben wir zunächst Einblicke in die Projektpraxis des Demokratiestärkungsprojektes „Menschlichkeit und Toleranz im Sport“ (MuT) des Landessportbunds Sachsen-Anhalt. Hier sensibilisieren und schulen ausgebildete, ehrenamtliche Demokratietrainer*innen Vereinsmitglieder, damit diese diskriminierende, antidemokratische und extremistische Tendenzen erkennen und ihnen entgegenwirken können. Vor diesem Hintergrund wollen wir im Forum Erkenntnisse und Ansätze identifizieren, die sich auf die Prävention von religiös begründetem Extremismus übertragen lassen.
Referenten:
Stephan Matecki (Landessportbund Sachsen-Anhalt) & Alexander Strohmayer (Deutsche Sportjugend im DOSB e.V.)
Moderation: Alexander Strohmayer (Deutsche Sportjugend im DOSB e.V.)
Canan Korucu & Jochen Müller (ufuq.de)
2. Tag (24.09.2024)
Dilek Üşük (Moderation)
Hans Goldenbaum (Hallesche Jugendwerkstatt)
Infotische der Kooperationspartner*innen
Gelegenheit zum Austausch und zum Netzwerken
Die Mittagspause findet im Braugasthaus der Schankhalle Pfefferberg statt.
Durch die Präsenz religiöser muslimischer Schüler*innen ist der Islam aus den Schulen nicht mehr wegzudenken. Wenn sich allerdings Jugendliche in der Schule religiös äußern oder positionieren (z.B. wenn sie einen Gebetsraum wünschen oder fordern), betrachten viele Fachkräfte das als Hinweis auf eine islamistische Radikalisierung. Oft wenden sie sich dann an die Polizei, das Schulamt oder an Träger der Prävention. Welche Rolle kann Religion in der Schule spielen? Wie kann universelle Islamismusprävention mit Fachkräften gestaltet werden? Worauf zielt sie? Wie können Angebote für Jugendliche deren Resilienz fördern und sie gegenüber islamistischen und anderen „problematischen“ Ansprachen stärken? Was sind die Gelingensbedingungen und welche Fallstricke sind dabei zu beachten? Mit diesen Fragen werden wir uns im Forum beschäftigen, uns über gelungene und misslungene Interventionen austauschen und darüber nachdenken, wie zivilgesellschaftliche Angebote im Regelsystem der Schule verankert werden können.
Referent*innen:
Dr. Jochen Müller & Jenny Omar (ufuq.de)
Moderation: n.n. (BAG RelEx)
Snapchat, Instagram und TikTok nutzen junge Menschen zum Chillen, Chatten und Orientieren. Sie suchen dort nach „Life Hacks“ und „Mode Trends“, aber auch nach „News aus Gaza“ und „Was ich als Muslim*a darf“. Dabei begegnen ihnen auch demokratiegefährdende und extremistische Inhalte. Im Forum gehen wir diese Herausforderung von zwei Seiten an: Zum einen schauen wir darauf, welcher Content aus Präventionsprojekten in Social Media funktionieren kann. Ein Schwerpunkt wird dabei auf Fragen nach Potenzialen und Limitationen von Ko-Kreation und authentischer Repräsentation gelegt. Zum anderen sprechen wir über Workshopformate und -methoden, die Medienbildung und Präventionsarbeit miteinander verbinden. Am Beispiel des Themas Desinformation wollen wir zeigen, wie phänomenübergreifend gearbeitet werden kann und welche handlungsorientierten Methoden sich dafür anbieten. Das Forum wird unterschiedliche Inputs mit Zeit für Diskussion und dem Ausprobieren von Methoden verbinden.
Referent*innen:
Fabian Reicher (Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit, Wien), Ahmad Mitaev (@ahmadtvie, TikTok), Serkan Ünsal (mediale pfade, Berlin)
Moderation: Georg Materna (JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, Büro Berlin)
Die Mobilen Beratungsteams (MBT) des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung (demos) sind ein Unterstützungsangebot für zivilgesellschaftliche Akteure und kommunale Verwaltungen, die sich durch demokratiefeindliche Problemlagen herausgefordert sehen. Das Tätigkeitsfeld der MBTs reicht dabei von aufsuchender Beratung und Vernetzung über Prozessbegleitung und -moderation bis hin zu Fortbildungen zu Themenkomplexen wie Rechtsextremismus und Verschwörungserzählungen.
In unserem Forum möchten wir anhand eines realen Fallbeispiels aufzeigen, wie sich eine kleine brandenburgische Kommune gegen die Vereinnahmungsversuche einer verschwörungsideologisch geprägten Gruppierung behauptet. Neben einer Beschreibung und Bewertung der Problemlage soll skizziert werden, welche Ansätze das MBT genutzt hat, um das zivilgesellschaftliche Engagement zu unterstützen und eine nachhaltige Auseinandersetzung zu ermöglichen.
Gemeinsam mit den Teilnehmenden möchten wir herausarbeiten, ob und wie die Beratungspraxis im geschilderten Fall auf die Universalprävention im Bereich des Islamismus, aber auch phänomenübergreifend übertragen werden kann. Welche Parallelen sind feststellbar? Welche Möglichkeiten der Kooperation sind denkbar und wie kann ein Transfer der unterschiedlichen Expertisen gelingen?
Referenten:
Philipp Külker & Martin Schubert (Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung)
Canan Korucu & Jochen Müller (ufuq.de)
Die Fachtagung wird von ufuq.de in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern (Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Sachsen-Anhalt, Plan P./AJS NRW, ProPK, JFF, LI-Hamburg , LpB Baden-Württemberg, Hallesche Jugendwerkstatt, Deutsche Sportjugend) aus Institutionen und Regelstrukturen veranstaltet. Sie wird im Programm Demokratie leben! des BMFSFJ gefördert und findet im Rahmen des Kompetenznetzwerks „Islamistischer Extremismus“ (KN:IX) statt.
Das Programm können Sie hier auch als PDF herunterladen.
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