Das Thema Islamismus im Jugendtheater: Beispiele aus der Praxis
28. Juni 2016 | Demokratie und Partizipation, Diversität und Diskriminierung, Radikalisierung und Prävention, Religion und Religiosität

Theater ist eine Möglichkeit, um sich mit dem Thema Islamismus auseinanderzusetzen. Dabei geht es oft weniger um Wissensvermittlung als um die Frage, warum ein solches Denken für Jugendliche attraktiv sein kann. Ufuq.de-Mitarbeiter Alioune Niang hat einige interessante Projekte zusammengestellt, die Anregungen für eigene Theaterprojekte bieten können.

„Krass, hauptsache radikal!“: Ein Augsburger Theaterprojekt gegen die Radikalisierung von Schülern

Eine junge Frau ist mit ihren Eltern in eine fremde Stadt gezogen. Glücklich ist sie hier nicht. Am Ufer betrinkt sie sich mit anderen Jugendlichen aus der neuen Stadt. Die 16-jährige Sarah fällt in den Fluss, liegt drei Tage im Koma. Danach ändert sich alles für sie. Warum hat sie überlebt? War es Gott? Sie recherchiert im Internet, bis sie erfährt, dass Allah verbietet, Alkohol zu trinken. Unter radikalen Islamist_innen findet sie neue Freunde und beginnt heimlich ein Kopftuch zu tragen. Sie lässt sich von den Gesprächen im Netz mitreißen. In einem Tagebuch beschreibt sie ihre letzte Zeit in Deutschland, bevor sie in den Dschihad geht.

Das Junge Theater Augsburg hat ein neues Projekt, mit dem es an Schulen vor Extremismus warnt. „Krass! Hauptsache Radikal“ heißt die Produktion, die ausschließlich in Turnhallen aufgeführt wird. Die drei Schauspieler_innen Birgit Werner, 26, Ramadan Ali, 30, und Fabian Feder, 28, schlüpfen darin in verschiedene Rollen. Die Schüler_innen sehen in 60 Minuten Szenen gewaltbereiter Jugendlicher und erfahren, wo diese Neigung ihren Ursprung nimmt.

jt-augsburg.de

 

TIDE-TV – Djihad für die Liebe – Hamburg immer anders!

„Zusammen mit 8 – 10 Jugendlichen, die sich vorher größtenteils nicht kannten und sehr unterschiedliche Hintergründe haben (geflüchteter Muslim, deutsche Bildungsbürgerin, Schüler, Studierende), schafft es die promovierte Soziologin und Theaterpädagogin Irinell Ruf die sprachlichen und biografischen Distanzen der Schauspieler_innen aufzulösen und ein Theaterstück zu entwickeln. Ihr Ansatz überwindet Sprachbarrieren durch nonverbale Kommunikation und Körperübungen. Sie beruft sich dabei auf das „Theater der Unterdrückten“. In vier Tagen entwickelte die Gruppe ein Stück basierend auf eigenen Erlebnissen, selbstgeschriebenen Texten, Liedern und Koran- bzw. Bibelzitaten. Dieses Konglomerat formt ein Stück mit verschiedenen Sequenzen, die zusammen ein Statement für Religionstoleranz und –verständnis, gegen antimuslimischen Rassismus und für die Liebe setzen.
Das Stück soll an Schulen aufgeführt werden und die stattfindende religiöse Radikalisierung von jungen Menschen diskutieren.“

youtu.be

 

„Dschihad“ – ein Theatererfolg in Brüssel

Obwohl das Wort Dschihad vielen Menschen Schrecken einjagt, hatte der Theatermacher Ismaël Saidi den Mut, ein gleichnamiges Stück zu inszenieren. Es wird seit Wochen mit großem Erfolg in Brüssel aufgeführt. Eigentlich waren ursprünglich nur fünf Aufführungen geplant. Doch das Stück wird seither fast täglich gespielt. Im Mittelpunkt stehen drei junge Männer, die sich am sogenannten Heiligen Krieg beteiligen wollen.

youtu.be

 

Jugend-Theaterstück über Radikalisierung von Salafisten aus Kempten

theaterDie Biografie des Salafisten David G. aus Kempten kommt als dokumentarisches und fiktionales Stück auf die Theaterbühne. „Die Gesellschaft ist überfordert mit dem Phänomen der radikalisierten Kämpfer und damit, die Hintergründe zu verstehen“, sagte der Leiter des Jungen Theaters Hof, Bernd Plöger, der Deutschen Presse-Agentur. Plöger ist Autor und Regisseur des Einpersonenstücks „Dschihad One-Way“, das in Zusammenarbeit mit dem Theater Kempten entstand. „Wir stellen die Frage nach dem Wie: Wie radikalisiert sich jemand, welche Schritte gibt es da?“ Diesen Weg gehe das Stück als Spurensuche bis zum Tod des selbsternannten Gotteskriegers nach. Plöger recherchierte im Umfeld von David G. und sprach mit Lehrer_innen, Mitschüler_innen und dem Jugendamt. Das Ergebnis ist eine mobile Produktion. Schulen und andere Institutionen können sie buchen.

theater-hof.de

 

Jungfrau ohne Paradies

Kooperation von New Limes und WIR! e.V., dem Referat Prävention des Polizeipräsidiums Aalen und dem Theater der Stadt Aalen; für Jugendliche ab 15 Jahren

„New Limes und Wir! e.V. ist ein Netzwerkprojekt von Künstlerinnen und Künstlern aus den Sparten Musik, Theater, Kunst und Literatur sowie Mitarbeiter_innen aus dem Bereich Sozial-, Musik-, Museum- und Theaterpädagogik. Hauptfokus von WIR! ist die gemeinsame Arbeit an inter- und transkulturellen Formaten in künstlerischen Prozessen. In Kooperation mit dem Theater der Stadt Aalen und dem Referat Prävention des Polizeipräsidiums Aalen entsteht dieses Theaterstück zum Thema Radikalisierung von Jugendlichen.

Wie erkenne ich Irrwege auf der Suche nach Anerkennung? „Mit dem Theaterstück wollen wir zunächst die Emotionen der Schüler_innen ansprechen.“ Durch die gegensätzliche Figurenkonstellation wird weniger eine Positionierung, vielmehr ein Hinterfragen existierender Schwarz-Weiß-Strukturen provoziert.“

jungebuehne-ulm.de

theateraalen.de

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