Es ist Zuckerfest, Bayram, Eid…!
5. Juli 2016 | Religion und Religiosität
TAGS:

Der Fastenmonat Ramadan ist vorüber und es ist Zuckerfest. Die Art und Weise des Feierns variiert je nach Tradition der Familie, sogar der Termin wird teilweise unterschiedlich gesetzt. Zum Ende des Ramadans berichten einige Mitarbeiter_innen unseres Berliner Teams, wie sie das Zuckerfest verbringen. Wir wünschen allen Muslim_innen ein gesegnetes Zuckerfest!

Nina Sedlak-Çınar

„Im Ramadan und am Zuckerfest herrscht immer eine ganz besondere Atmosphäre, die diese Zeit für mich besonders macht. Die ersten Tage des Ramadans bin ich aufgeregt und feierlich gestimmt, gleichzeitig empfinde ich aber auch eine innere Ruhe. Das lässt dann im Laufe des Monats nach und kommt in den letzten Tagen wieder. Wir laden Freunde und Bekannte ein, um nochmals gemeinsam das Fasten zu brechen. In der Zeit, beginne ich Geschenke für die Kinder und Familienmitglieder zu besorgen und liebe diese Vorbereitungen. Ich überlege mir was ich anziehe, meiner Tochter kaufe ich etwas Neues zum Anziehen. Die Stimmung hat sich dieses Jahr auch schon auf meine Tochter übertragen, denn sie fragt ständig wann denn das Fest sei. Auch als Kind haben wir meistens ein neues Kleidungsstück bekommen und alle haben sich schön angezogen.

Wenn dann der letzte Fastentag kommt, bin ich auf der einen Seite etwas wehmütig, auf der anderen Seite freue ich mich total auf das traditionelle Fest-Frühstück mit meiner Schwiegerfamilie. Ich stehe sehr früh auf, um dann mit einer besonderen Ruhe alles vorzubereiten. Ich rufe meine Eltern und Geschwister an, mache zuhause Ordnung und fahre dann an den Ort des Geschehens. Ich finde es auch immer interessant mit dieser festlichen Spannung Bus zu fahren und die Menschen zu beobachten. Für die meisten Leute ist der Tag ja ganz gewöhnlich.

Das Treffen findet bei der ältesten Person der Familie statt, der Mutter meiner Schwiegermutter, wahlweise bei meiner Schwiegermutter, aus Platzgründen. Fast alle kommen zusammen, das sind dann knapp 30 Personen. Das kommt nicht so oft vor und darum finde ich das besonders schön. Meistens ist es so, dass die Männer morgens zum Gebet in die Moschee gehen und die Frauen zuhause alles vorbereiten. Dann wird gegessen: Ich liebe dieses Frühstück, da es so vielfältig ist und ich ja einen Monat nicht gefrühstückt habe. Es gibt etliche warme und kalte Gerichte. Das Essen kommt mir dann so wunderbar vor. Nach dem Frühstück mit der engsten Familie, geht es dann ans Vorbereiten der Teller für die Gäste, denn bis zum späten Nachmittag kommen dann Gäste, die bewirtet werden. Die Kinder bekommen Geld und kleine Geschenke. Am zweiten Festtag besuchen wir meist Tanten und Onkel, die wir am ersten Tag nicht gesehen haben.

Mit meinen Eltern und Geschwistern war der Rahmen meist kleiner, da wir eben keine Großfamilie sind. Als wir noch zur Schule gingen, haben unsere Eltern uns für den Tag beurlaubt. Wir sind morgens sehr früh aufgestanden und es herrschte ebenfalls eine besondere Stimmung, wir sind gemeinsam zum Gebet gegangen und haben dann im Anschluss ausgiebig gefrühstückt, entweder in der Gemeinde, aber meisten mit Freunden zuhause. Wir haben uns beschenkt und viel gegessen. Wegen der Entfernung ist es leider schwierig das Zuckerfest mit meiner gesamten Familie zu verbringen.“

 

Alioune Niang

„Das Zuckerfest ist ein der bedeutendsten Feste im Islam und steht für das Ende der Fastenzeit. Es dauert in der Regel drei Tage, damit es jede_r Muslim_a innerhalb der drei Tage auch zu der Familie schafft.

Der Tag beginnt für mich eigentlich schon eine Woche davor. Ich bin nämlich in einem Rausch zwischen dem Gefühl etwas Schönes geleistet zu haben und der großen Vorfreude, dass der normale Alltag zurückkehrt. Die Vorbereitung auf das Fest beginnt mit einem Besuch beim Friseur, denn hier heißt es: Schick machen, sich eine neue Tracht (Kaftan) nähen lassen usw. Dabei suche ich mir früh genug meinen Schneider, ansonsten sind schnell alle ausgebucht. An dem Tag selber ist für mich das „Eid-Gebet“ wichtiger als alles andere, das heißt früh aufstehen und frühstücken, schließlich soll man an diesem Tag nicht mehr fasten. Denn mit dem Fest ist das Ende des Ramadans abgesegnet. Nach dem Gebet besuche ich ein paar Freunde und gratuliere ihnen zum Eid’ul Fitr. Danach fängt für mich eine nostalgische Zeit an, denn zum ersten Mal seit Jahren feiere ich alleine in der Hauptstadt als neu Zugezogener. In Bremen war ich in einem Kulturverein als Vorstandmitglied und wir haben zu diesem Anlass immer eine große Feier mit reichlich Essen und Getränken organisiert. Das alles wurde gekrönt von Tanzeinlagen der senegalesischen Community. Das Zuckerfest bleibt eine Gelegenheit für die Senegalesen sich von ihren kulturellen Seiten zu zeigen. Man nutzt ihn sozusagen, um sich gegenseitig Konkurrenz mit den besten Kleiderschnitten zu machen. Jeder macht sich zurecht um aufzufallen. Na ja, nächstes Jahr ist wieder Fasten angesagt und bis dahin werde ich mir meine eigene Community aufbauen, in der wir gemeinsam feiern können. Dieses Jahr bleibe ich einfach in der Laune des spirituellen und religiösen Geistes.“

 

Aylin Yavaş

„In meiner Familie wird im Ramadan kaum gefastet. Das hat unterschiedliche Gründe: Bei den einen ist es krankheitsbedingt, andere sehen das Fasten eher kritisch oder finden es schlichtweg nicht so wichtig. Trotzdem: Das Zuckerfest ist für uns alle besonders.

Bei uns wird der erste Tag des Zuckerfestes eigentlich bei den Ältesten zuhause gefeiert. Weil meine Eltern aber meine Oma entlasten möchten und weil sie zudem einen Garten haben, in dem es sich im Sommer gut feiern lässt, sind wir oft bei ihnen. Die Vorbereitungen fangen schon mehrere Tage vorher an, erst wird geputzt, dann wird unheimlich viel gekocht und dann wird nochmal geputzt, weil während den Essensvorbereitungen alles wieder dreckig geworden ist. Am ersten Morgen des Zuckerfestes gehen meine Geschwister und ich früh zu unseren Eltern und begrüßen sie mit einem Handkuss. In meiner Familie tut man das an den restlichen Tagen des Jahres nur bei (sehr) alten Menschen, aber am Zuckerfest wird jeder älteren Person die Hand geküsst – sofern sie es denn zulässt, denn manche wollen das nicht, ich vermute weil sie sich dann zu alt fühlen. Früher gab es mit dem Handkuss auch immer kleine Geldgeschenke oder eine Süßigkeit, aber ich fürchte da bin ich rausgewachsen.

Bei meinen Eltern bereiten wir gemeinsam ein riesiges Frühstück vor. Nachdem wir uns ausgiebig den Magen vollgeschlagen haben, geht es weiter mit den Essensvorbereitungen für den Nachmittag, wenn der Rest der Familie kommt. Den ersten Tag des Zuckerfestes verbringen wir nur mit der engeren Familie. Es kommen die Geschwister meiner Eltern und deren Kinder. Im Sommer grillen wir dann meistens und alle bringen etwas zum Essen mit: selbstgemachtes Baklava, Meze (Vorspeisen), Salate, Fleisch. Das führt dann dazu, dass immer viel zu viel übrigbleibt, alle sich etwas von dem Essen mitnehmen müssen und man es gerade so in den Tagen danach schafft alles wegzuessen. Den Abend verbringen wir auch alle gemeinsam. Es wird gequatscht, getanzt und gespielt, bis in die Nacht. Der zweite Tag ist meistens für die engen Freund_innen meiner Eltern reserviert. Da kommt der ganze Freundeskreis zusammen. Mit dabei auch immer deren mittlerweile erwachsenen Kinder, mit denen ich großgeworden bin. Das ist immer ein nettes Wiedersehen, wo alle „wie früher“ zusammenkommen. Am dritten Tag wird es bei uns noch mal hektisch: Wir besuchen so ziemlich alle entfernteren Verwandten und Bekannte, bleiben überall ein bisschen, trinken Tee und essen – Baklava oder herzhaftes Gebäck. Das ist immer ein richtiger Marathon, und, was mich jedes Jahr auf’s Neue erstaunt: Es ist nie etwas verabredet. Wir fahren immer spontan irgendwo hin und die Leute sind immer zuhause. Bis heute standen wir noch nie vor einer verschlossenen Tür und bis heute frage ich mich, wie meine Eltern das schaffen.“

Ähnliche Beiträge
Weiterlesen
13. März 2024 - von Nicole Schweiß

25. November 2022 - von Fachstelle für Pädagogik zwischen Islam, antimuslimischem Rassismus und Islamismus in Berlin

21. März 2022 - von Fachstelle für Pädagogik zwischen Islam, antimuslimischem Rassismus und Islamismus in Berlin

Skip to content