Deutsch und muslimisch sein, dass erscheint in der öffentlichen Debatten oft immer noch als Widerspruch. Dabei entstanden in den vergangenen Jahren zahlreiche Initiativen von jungen Muslim_innen, die sich nicht nur in religiösen Fragen in die Gesellschaft einbringen. In diesem Beitrag beschreibt Götz Nordbruch (ufuq.de) die Herausforderungen, denen sich junge Muslim_innen im Alltag gegenüber sehen, wenn sie versuchen, ihr Verhältnis zur Gesellschaft bestimmen.
”Religiosität ist mir wichtig, aber sie ist nicht alles.” Genauso wichtig wie sein Glaube seien ihm sein Beruf, seine Herkunft aus dem Ruhrgebiet und seine türkische Identität. Die Art und Weise, wie Melih Kesmen den Islam lebt, spiegelt seine Erfahrungen im Einwanderungsland Deutschland. Mit der Türkei, dem Herkunftsland seiner Eltern, hat seine Religiosität nur noch am Rande zu tun.
Kesmen steht für eine Generation deutscher Muslime, für die alte Gewissheiten immer weniger Bestand haben. Der Gründer und Designer des Modelabels Style Islam, das sich auf islamische Lifestyle-Produkte spezialisiert hat, erklärt seine Religiosität als Reaktion auf überkommende Traditionen und Überzeugungen, mit denen er sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch in der Begegnung mit der Elterngeneration konfrontiert ist. Wie ein „Punk“ reagiere er mit seiner Art, den Glauben auch nach außen zu tragen, auf die „Missverständnisse und Zerrbilder“, die in der Öffentlichkeit über den Islam bestehen. Zugleich wendet er sich gegen die „Vermischung von Traditionen und Volkskultur“ mit den Botschaften des Islam, die von älteren Muslimen praktiziert werde. (Interview 18. Juli 2011, 2010lab.tv)
Religiosität, Identität, Diskriminierung
In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Bild des Islam in Deutschland grundlegend verändert. Das betrifft die Mehrheitsgesellschaft genauso wie die Muslime selbst. An der neuen Sichtbarkeit des Islam haben gerade junge Muslime einen wichtigen Anteil. Von den 3.8 bis 4.3 Millionen Muslimen in Deutschland sind fast 42% unter 25 Jahren. Unter jungen muslimischen Schülern, die 2007 in einer repräsentativen Studie über Muslime in Deutschland befragt wurden, waren 77% der Befragten in Deutschland geboren. Nur knapp 8% der Befragten sind erst im Schulalter nach Deutschland gekommen. Rund 40% aller Muslime sind deutsche Staatsbürger. (Haug/Müssig/Stichs 2009: 105, 125, und Brettfeld/Wetzels 2007: 214)
Der Islam ist damit immer weniger ein Phänomen, das sich auf Fragen von Migration beschränken ließe. Im Alltag junger Muslime zeigt sich der Einfluss der Sozialisation in der deutschen Gesellschaft. Zwar identifiziert sich eine große Zahl junger Muslime immer noch vorrangig mit dem Herkunftsland der Eltern. (Brettfeld/Wetzels 2007: 220) Auch weiterhin spielen Religion und ethnische Identität für die lebensweltlichen Erfahrungen und Orientierungen von jungen Muslimen eine prägende Rolle. (von Wensierski 2007, Lübcke 2007) Dennoch ist es gerade auch in der Begegnung und Auseinandersetzung mit der deutschen Gesellschaft, dass junge Muslime ihr Selbstverständnis entwickeln.
Verschiedene Studien, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, bestätigen die Bedeutung, die der Religion im Alltag junger Muslime zukommt. Dabei ist das Bild keineswegs einheitlich. So beschrieben sich in der 2007 veröffentlichten Studie 87,2% der befragten muslimischen Schüler als gläubig. Diese religiöse Selbstwahrnehmung ist nicht gleichbedeutend mit einer konsequenten Einhaltung islamischer Praktiken. So erklärten 35,8% der Befragten, sie würden nie oder nur ein paar Mal im Jahr beten; 46,9% der Befragten gaben an, nie oder nur ein paar Mal im Jahr eine Moschee oder ein Gebetshaus aufzusuchen. (Brettfeld/Wetzels 2007: 242-243; dazu auch Sen 2007: 21-23) Zu ähnlichen Ergebnissen kommen diese Studien auch hinsichtlich des Kopftuches. Trotz der Bedeutung der Religion für viele junge Muslime entscheiden sich nur etwa 22% der 16- bis 25-jährigen Musliminnen für das Tragen eines Kopftuches. (Haug/Müssig/Stichs 2009: 196)
Auffallend ist der wachsende Stellenwert, der religiösen Werten und Glaubenspraktiken unter jungen Muslimen zukommt. In einer Umfrage, die 2005 unter 18- bis 29-jährigen deutschtürkischen Muslimen durchgeführt wurde, stimmten knapp 60% der Befragten der Aussage zu, muslimische Frauen sollten in der Öffentlichkeit ein Kopftuch tragen. Fünf Jahre zuvor lag die Zustimmung zu dieser Aussage noch bei knapp 22%. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich hinsichtlich der Zustimmung zu gemischtgeschlechtlichen Klassenfahrten oder Sportunterricht zeigen. Die Ablehnung solcher Aktivitäten stieg von 14% im Jahr 2000 auf knapp 30% fünf Jahre später. (Sen 2009: 29) Dies ist auch deswegen interessant, weil viele junge Muslime sich explizit von traditionellen Geschlechterrollen der Elterngeneration abgrenzen. Aus ihrer Sicht besteht ein deutlicher Widerspruch zwischen konservativen islamischen Werten und patriarchalischen Denkweisen, wie sie in vielen Familien auch heute noch gelebt werden. Das ausdrückliche Bekenntnis zum Islam erscheint muslimischen Mädchen und jungen Frauen als Möglichkeit, Freiräume gegenüber den Eltern und Brüdern durchzusetzen. Das Tragen des Kopftuch ist aus dieser Sicht kein Zeichen von Unfreiheit, sondern eröffnet im Gegenteil die Möglichkeit, auch als junge Frau mit dem Verweis auf den Islam das Recht auf Bildung und Erwerbstätigkeit einzufordern. (vgl. Nökel 2007: 149-151)
Ein wichtiges Ergebnis der Studien, die in den vergangenen Jahren unter Muslimen durchgeführt worden, besteht auch in der Bedeutung von Diskriminierungserfahrungen im Alltag. So gaben in einer Studie 80% der befragten jungen Muslime an, in den vergangenen zwölf Monaten persönlich mit Ausgrenzung oder Abwertung der eigenen Person konfrontiert worden zu sein. Knapp 27% der Befragten beschrieben diese Erfahrungen als schwere oder sehr schwere Form der Diskriminierung. Dieser Wert lag signifikant höher als bei nichtmuslimischen Migranten, die in der Studie befragt wurden. Diese Ergebnisse decken sich mit der Einschätzung vieler Muslime, die Mehrheitsbevölkerung stehe den Muslimen überwiegend ablehnend gegenüber. (Brettfeld/Wetzels 2007: 241-242)
Themen und Orientierungen: Lebenswelten junger Muslime
Diese vielfältige Mischung aus Erfahrungen und Orientierungen spiegelt sich in den Lebenswelten, in denen sich junge Muslime bewegen. Das populäre Modelabel Style Islam bringt diese Mischung beispielhaft zum Ausdruck. In der Selbstdarstellung heißt es: „Die Skizzen, Motive und Slogans auf unseren Produkten sind nicht nur funky, sondern haben auch Inhalt. Wir kommunizieren den Islam in der Sprache der Jugend, ohne dabei unsere Werte zu verlieren. Checkt unsere Produkte und zeigt, wer wir sind. Styleislam – go spread the word.” (de.styleislam.com) Die Slogans, die man sich hier auf T-Shirts und Kaputzenpullover drucken lassen kann, reichen von ”I love my prophet” bis hin zu ”Go Halal”. Das selbstbewusste Bekenntnis zum Islam und zur Gemeinschaft der Muslime steht dabei im Mittelpunkt. ”Ummah – be part of it” lautet ein Slogan, der mit der Zugehörigkeit zur weltweiten Gemeinschaft des Islam wirbt.
Auffallend sind auch die Motive, die sich mit Krieg und Terror beschäftigen. So wird auf einem Motiv ein Ende des Blutvergießens in Palästina gefordert, andere rufen dazu auf, Kriegen allgemein ein Ende zu bereiten. Trotz des ausdrücklichen Bezuges auf die Gesellschaft vor Ort spiegelt sich in diesen Slogans ein reges Interesse für die Ereignisse in anderen Regionen der Welt – wobei gerade die Situation von Muslimen in anderen Teilen der Welt auf Aufmerksamkeit stößt. Der Konflikt um Palästina steht dabei für viele als Symbol für die Anfeindungen, denen Muslime weltweit ausgesetzt seien. (siehe dazu Nordbruch 2009)
Dennoch sind es vor allem auch hiesige Themen, für die sich junge Muslime interessieren. Das zeigt sich beispielsweise in den Themen, die in dem seit Anfang 2010 erscheinenden Magazin Cube-Mag behandelt werden. In dem Magazin, das sich als Sprachrohr für jugendliche Muslime beschreibt, geht es um religiöse Themen, aber auch ums Reisen, um Kultur oder um Politik. Die Gruppe der Autoren ”besteht aus vielfältigen Menschen, die zumeist in Deutschland geboren und aufgewachsen sind”, heißt es in der Selbstdarstellung. ”Sie sind hier zur Schule gegangen, machen jetzt ihr Abitur, studieren oder arbeiten bereits. Ihre Religion, der Islam, ist es, was sie vereint und dazu bewegt aktiv zu sein. Nicht wenige von ihnen sind aktiv auf lokaler oder regionaler Ebene und tragen so ihren Teil der Gesellschaft bei.“ (cube-mag.de)
Mit seiner thematischen Ausrichtung bringt das Cube-Mag die Gleichzeitigkeit der Bezüge vieler junger Muslime zu den Ereignissen in Deutschland und in den Herkunftsländern der Eltern zum Ausdruck. Diese Gleichzeitigkeit zeigt sich auch in einer ergänzenden Nutzung von Medien in verschiedenen Sprachen. So nutzen knapp 38% der jungen Muslime deutsche Fernsehprogramme genauso häufig wie Fernsehsender in der Sprache der Eltern. Fast 20% schauen ausschließlich deutschsprachige Sender, 23% entscheiden sich überwiegend für deutschsprachige Programme. (Brettfeld/Wetzels 2007: 222; siehe auch Worbs 2010: 24-26) Auch viele Internetangebote, die sich an junge Muslime mit türkischem, ex-jugoslawischen oder arabischen Familienhintergrund richten, sind geprägt von dieser Zweisprachigkeit. Dabei ist es oft die Art der Information oder Unterhaltung, die die Entscheidung für eine bestimmte Sprache bestimmt.
Auch in dieser Hinsicht ist auffallend, dass ausdrücklich islamische Medien nur einen Teil der Medienwelten junger Muslime abdecken. Während in dem islamischen Social Community Network myumma.de hauptsächlich religiöse Thema besprochen werden, sind die Übergänge in anderen Zusammenhängen fließend. So zählen viele junge Muslime zu den Nutzern von Online-Angeboten wie Facebook, StudiVZ oder Myspace. Religion ist hier oft neben Musik, Sport und Unterhaltung nur ein Thema, das von den Nutzern diskutiert wird. In Online-Foren wie den deutschtürkischen Webportalen Vaybee und Turkdunya spielt Religion hingegen kaum eine Rolle. Thematisch unterscheiden sich diese Portale kaum noch von ausschließlich deutschsprachigen Foren, die sich nicht explizit an deutschtürkische Migranten richten. Neben Reisetipps, Horoskops und Kleinanzeigen finden sich hier kurze Meldungen aus den Bereichen Politik, Sport und Wirtschaft. (Nordbruch 2008)
In den vergangenen Jahren ist zudem ein verstärktes Interesse junger Muslime an ehrenamtlichem und gesellschaftspolitischem Engagement zu beobachten. Dies zeigt sich nicht nur im Zusammenhang mit medienwirksamen Events wie der Jungen Islam Konferenz, bei der im Februar 2011 40 junge Erwachsene über den Platz des Islam in der Gesellschaft diskutierten. Auch am Engagement von islamischen Wohlfahrtsorganisationen wie Islamic Relief haben junge Muslime einen wichtigen Anteil. Auch hier geht es nur zum Teil um den Islam und Muslime. So spielt das Thema Umweltschutz unter muslimischen Jugendlichen eine immer größere Rolle.
Islamische Vereine und Initiativen
Das Projekt „Öko-Muslime“ der Muslimischen Jugend in Deutschland ist ein Beispiel, wie dieses allgemeingesellschaftliche Interesse von islamischen Vereinen aufgegriffen und in organisiertes bürgerschaftliches Engagement umgeleitet wird. In dem Projekt geht es darum, das Umweltbewusstsein unter Muslimen zu stärken. Die MJD wurde bereits 1995 gegründet, hat aber gerade in den letzten Jahren deutlich an Zuspruch gewonnen. An den Veranstaltungen des Vereins nehmen mittlerweile über 1000 Jugendliche teil. Bis heute sind es allerdings vor allem die traditionellen islamischen Verbände wie die DITIB oder die VIKZ, die über ihre Moscheen bundesweit auch junge Muslime erreichen. So nehmen bundesweit bis zu 30.000 Jugendliche an den Ausflügen und Freizeitaktivitäten der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs teil. (Schiffauer 2011: 59, ufuq.de 2009) Gleichzeitig ist das Interesse junger Muslime an den traditionellen Verbänden in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. (Sen 2007: 26) Hier spielt die Tatsache, dass diese Verbände oft mit den Lebenswirklichkeiten von Jugendlichen kaum noch etwas zu tun haben, eine wichtige Rolle. Sprachlich, aber auch hinsichtlich der lebensweltlichen Bezüge haben die Verbände vielfach den Kontakt zu jungen Muslimen verloren.
An diese Stelle treten immer häufiger Vereine und Initiativen wie die MJD, die Lichtjugend oder die Lifemakers, die mit ihren Sommerfreizeiten, Lokalgruppen und Internet-Angeboten deutlich stärker auf die Interessen von Jugendlichen ausgerichtet sind. (Gerlach 2006, Nordbruch 2010) Ähnlich wie in der Jugendarbeit der traditionellen Verbände steht auch hier die Stärkung der islamischen Identität im Vordergrund. „Es ist schwer, als junger Muslim seine Religion richtig kennen zu lernen”, heißt es beispielsweise in einer Selbstdarstellung der MJD. ”Auch hier versucht die MJD zu unterstützen und den jungen Muslimen bewusst zu machen, wie wichtig der Wissenserwerb im Islam ist. In der lokalen Arbeit und bei den Kursen erhalten die Jugendlichen Grundlagenwissen. (…) Statt ’rumzuhängen’ können die Jugendlichen ihre Religion kennen lernen und praktizieren, Aktivitäten planen und organisieren und in der Gemeinschaft mit anderen muslimischen Jugendlichen viel Spaß haben. Sie erwerben auch viele Fähigkeiten (z. B. Zeitmanagement, Rhetorik, selbständiges Arbeiten, Kommunikationstechniken), die ihnen in der Schule, dem Studium oder Beruf von großem Nutzen sind.“ (mjd-net.de)
In dieser Orientierung auf Erfolg in Schule und Berufsleben besteht ein wichtiger Bruch mit der klassischen Jugendarbeit der großen islamischen Verbände. Im Mittelpunkt steht hier nicht mehr der Bezug zu den Herkunftsländern der Eltern, sondern die Einbindung in die deutsche Gesellschaft. Die Verantwortlichen dieser Vereine legen Wert darauf, bei den Teilnehmern ihrer Aktivitäten eine deutsch-muslimische Identität zu bestärken. Dies spiegelt sich beispielsweise in Veranstaltungen, in denen der Austausch mit christlichen Trägern, der Polizei oder anderen nichtmuslimischen Akteuren der Zivilgesellschaft gesucht wird. Das Festhalten an einer islamischen Identität steht hier nicht im Widerspruch zum Selbstverständnis als deutscher Staatsbürger, der seine Interessen mit einer Beteiligung an gesamtgesellschaftlichen Belangen verbindet.
Dieses Engagement ist dabei keineswegs gleichbedeutend mit einem Aufweichen religiöser Werte und Überzeugungen. Vereine wie die MJD stehen für sehr konservative religiöse Vorstellungen, die bisweilen auch in Vorbehalten gegenüber gemischtgeschlechtlichen Veranstaltungen und vermeintlich unislamischem Verhalten zum Ausdruck kommen.
Trotz eines solchen konservativen Selbstverständnisses besteht ein deutlicher Unterschied zu salafistischen Spektren, die in den vergangenen Jahren verstärkt um junge Muslime werben. Seit 2005 entstanden in Deutschland zahlreiche Netzwerke um salafistische Prediger, die sich der Da’wa, der Missionsarbeit unter Muslimen und Nichtmuslimen, verschrieben haben. (siehe Dantschke/Mansour/Müller/Serbest 2011 und Rudolph 2010) Mit ihren wortgetreuen Lehren versprechen charismatische Prediger wie Pierre Vogel oder Ibrahim Abou Nagie gerade Jugendlichen Halt und Orientierung. Biographische Konflikte und jugendliche Unsicherheiten werden hier mit rigiden Glaubenssätzen und dem Angebot einer verbindlichen Gemeinschaft beantwortet. Dabei setzen sie auch auf die street credibility ihrer Fürsprecher. So bemühen sich salafistische Initiativen in der jüngeren Vergangenheit vermehrt, mit ehemaligen Rappern, die sich einer salafistischen Strömung angeschlossen haben, um neue Anhänger zu werben. Die Bekehrung dieser bad boys zu gottesfürchtigen Muslimen steht für einen vermeintlichen Ausweg aus der Perspektivlosigkeit vieler junger Muslime.
Die Bedeutung salafistischer Initiativen gründet allerdings bisher nicht in ihrer zahlenmäßigen Anhängerschaft. Aktuell sind es nur einige Tausend Muslime, die diesem Spektrum zuzuordnen sind. Demgegenüber sind es gerade die Angebote im Internet, die den Einfluss salafistischer Strömungen ausmachen. Hier verfügen sie über eine klare Deutungshoheit gegenüber anderen Angeboten, die alternative Auslegungen des Islam bestärken könnten. Jugendliche, die im Internet nach Informationen über den Islam suchen, landen insofern mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Seiten salafistischer Akteure.
Zusammenfassung
Junge Muslime sind wie Nichtmuslime auch auf der Suche nach Identität, Gemeinschaft und Orientierung. Ihre Erfahrungen in der Mehrheitsgesellschaft spielen dabei eine immer wichtigere Rolle; die biographischen Hintergründe ihrer Eltern treten dagegen in den Hintergrund. Die Vervielfältigung der Szenen und Trends unter jungen Muslimen ist Ausdruck einer Einbürgerung des Islam in Deutschland. Für viele Muslime besteht dabei im Bekenntnis zum Islam und in der Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft kein Widerspruch. Eine Einbürgerung des Islam ist insofern nicht gleichbedeutend mit einem Zurückdrängen des Islam in den privaten Raum. Als deutsche Staatsbürger bemühen sich junge Muslime zunehmend, ihre Interessen auch in die hiesige Gesellschaft einzubringen.
Literatur
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Dantschke, Claudia/Mansour, Ahmad/Müller, Jochen/Serbest, Yasemin (2011), „Ich lebe nur für Allah“. Argumente und Anziehungskraft des Salafismus, Berlin.
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Müller, Jochen/Nordbruch, Götz/Tataroglu, Berke/Seidel, Eberhard (2011). Jugendkulturen zwischen Islam und Islamismus, Berlin.
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Nordbruch, Götz (2010), „Islamische Jugendkulturen in Deutschland“, Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 27/2010), S. 34-38.
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Nordbruch, Götz (2008), „Jenseits von Parallelwelten. Mediennutzung junger Muslime“, Götz Nordbruch, Sozial Extra – Zeitschrift für Soziale Arbeit, 7-8/2008, S. 22-24.
Rudolph, Ekkehard (2010), „Salafistische Propaganda im Internet. Eine Analyse von Argumentationsmustern im Spannungsfeld von missionarischem Aktivismus, Islamismus und Gewaltlegitimation“, in: Armin Pfahl-Traughber (Hrsg.), Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismus-Forschung 2009/2010, Brühl, S. 486–501.
Schiffauer, Werner (2011). Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz, Bielefeld.
Sen, Faruk (2007), „Islam in Deutschland. Religion und Religiosität junger Muslime aus türkischen Zuwandererfamilien“, in: Hans-Jürgen von Wensierski/Claudia Lübcke (Hg.), Junge Muslime in Deutschland. Lebenslage, Aufwachsprozesse und Jugendkulturen, Opladen, S. 17-32.
Ufuq.de (2009), „‘Großer Bruder, kleiner Bruder‘: islamische Identität in der Kinder- und Jugendarbeit von Milli Görüs“, Newsletter Jugendkultur, Religion und Demokratie. Politische Bildung mit jungen Muslime, April 2009, S. 5-7.
von Wensierski, Hans-Jürgen (2007), „Die islamisch-selektive Modernisierung – Zur Struktur der Jugendphase junger Muslime in Deutschland“, in: Hans-Jürgen von Wensierski/Claudia Lübcke (Hg.), Junge Muslime in Deutschland. Lebenslage, Aufwachsprozesse und Jugendkulturen, Opladen, S. 55-82.
Worbs, Susanne (2010), Mediennutzung von Migranten in Deutschland. Working Paper 34 des BAMF, Nürnberg.
Dieser Text wurde im Auftrag der Konrad Adenauer Stiftung verfasst. Einzelne Abschnitte fanden in der gerade erschienenen KAS-Broschüre „Islamismus?! Eine Handreichung für Pädagoginnen und Pädagogen“ Verwendung.