„Das ist eine Beleidigung!?“ Ein Gespräch mit Schüler*innen über Beleidigungen, Kränkungen und Provokationen
26. Juli 2016 | Diversität und Diskriminierung, Jugendkulturen und Soziale Medien

Symbolbild; Bild: Igor Miske/unspplash

Wer ist wann beleidigt und warum? Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort: Was die einen verletzt, finden andere lustig – und andersherum. Auch im Unterricht gibt es Situationen, in denen sich Schüler*innen oder Lehrer*innen beleidigt, gekränkt oder persönlich verletzt fühlen. Der Streit um die Muhammed-Karikaturen oder die Böhmermann-Satire sind noch vielen in Erinnerung. Aber was ist eigentlich eine Beleidigung – und warum fühlt sich eine Person getroffen, eine andere aber nicht? Über diese Frage haben Aylin Yavaş und Julia Gerlach mit Schüler*innen einer zehnten Klasse der Robert-Koch-Schule in Berlin-Kreuzberg diskutiert. Ein Gesprächsprotokoll.

Julia (ufuq.de):

Vielen Dank, dass ihr bereit seid, mit uns über das Thema Beleidigung zu sprechen. Es ist ja ein sehr persönliches Thema. Das gilt auch für unsere erste Frage: Wir wüssten gerne, was euch beleidigt. Ich fange mal gleich an und sage, was mich beleidigt: Wenn zu mir jemand sagt, dass ich fette Oberarme habe, dann bin ich beleidigt. (Die Klasse lacht) Was gibt’s denn da bitte zu lachen?

Aylin Y. (ufuq.de):

Wenn jemand sagt „Frauen sind Schlampen“, dann bin ich beleidigt.

Aylin S.:

Ich bin beleidigt, wenn jemand sagt „Frauen gehören in die Küche.“

Zain:

Ich finde es besonders beleidigend, wenn man meine Familie beleidigt. Wenn man mich selbst beleidigt, dann ist es mir meistens egal, aber wenn man etwas gegen meine Familie sagt, dann finde ich das schlimmer. Vor allem, wenn die meine Familie ja noch nicht einmal kennen.

Julia:

Was wäre das denn zum Beispiel?

Zain:

Wenn die zum Beispiel zu mir „Hurensohn“ sagen.

Görkem:

Ich fühle mich beleidigt, wenn jemand mein Volk oder meine Nation beleidigt.

Julia:

Wer ist denn dein Volk und wer ist deine Nation?

Görkem:

Wenn jemand etwas gegen Türken sagt, zum Beispiel.

Julia:

Das ist dann auch gegen dich persönlich gerichtet?

Görkem:

Ich fühle mich dabei auch persönlich angegriffen. Wenn ein Türke etwas gemacht hat, einen umgebracht hat zum Beispiel, dann wird das auf alle Türken verallgemeinert. Das ist doch unfair und da fühle ich mich angegriffen.

Julia:

Ist das beleidigend, weil dir etwas vorgeworfen wird, was nicht stimmt?

Görkem:

Ja.

Volkan:

Ich fühle mich beleidigt, wenn ich an einem Projekt arbeite und mir große Mühe gegeben habe und dann wird das nicht anerkannt. Manchmal tun die Lehrer so, als hätte ich es in fünf Minuten hingeklatscht. Diese Nichtanerkennung finde ich verletzend.

Ege:

Ich fühle mich beleidigt, wenn jemand den Islam beleidigt und zum Beispiel sagt, dass Muslime Terroristen sind. Man sollte nicht alle in eine Schublade werfen.

Aylin Y.:

Muss man denn immer Mitglied der Gruppe sein, die beleidigt wird, um sich beleidigt zu fühlen?

Aylin S.:

Ich fühle mich auch angegriffen, wenn jemand sagt: „Alle Juden sind scheiße.“ Weil man damit einen Menschen angreift und eine Gruppe von Menschen beleidigt.

Aylin Y.:

Das heißt, dass man auch beleidigt sein kann, wenn man nicht selbst dazu gehört.

Seyma:

Ich bin von nichts beleidigt.

Aylin Y.:

Wenn ich jetzt zu dir „Schlampe“ sage, dann bist du nicht beleidigt?

Seyma:

Nee, ich weiß ja, wie ich bin, da kümmert mich das nicht.

Volkan:

Echt jetzt? Es sind ja nicht nur Worte, die beleidigen: Mich beleidigt auch, wenn jemand herablassend zu mir ist.

Ege:

Genau: Wenn ich zum Beispiel in einen Kreis von Leuten komme, und einer gibt mir nicht die Hand. Das beleidigt mich.

Aylin Y.:

Macht es denn für Euch einen Unterschied, ob man in der Gruppe beleidigt wird oder ob man persönlich angegriffen wird?

Volkan:

Mich trifft mehr, wenn jemand mich persönlich nicht respektiert.

Görkem:

Ich würde eigentlich eher ignorieren, wenn jemand die Türken insgesamt beleidigt.

Volkan:

Wenn man als Teil einer Gruppe beleidigt wird, dann kann man immer noch denken, dass man zwar zu der Gruppe gehört, aber das Merkmal, das da kritisiert wird, nicht auf einen zutrifft.

Kerem:

Man kann da auch einfacher drauf reagieren. Zum Beispiel, indem man sagt, dass es nicht stimmt.

Volkan:

In der Gruppe ist man auch nicht allein und man hat Leute auf seiner Seite und man kann sich gemeinsam etwas überlegen. Wird man alleine beleidigt, fühlt man sich eher schlecht.

Aylin Y.:

Ich mach mal ein Beispiel: Macht es einen Unterschied, ob jemand sagt: „Ihr scheiß Muslime!“ oder „Du Schlampe!“ oder … es gibt ja hier leider kein männliches Gegenstück.

Ege:

Doch, zum Beispiel „Du Arschloch!“.

Aylin Y.:

Nee, das ist doch nicht das gleiche. Das ist doch etwas ganz anderes.

Volkan:

Wenn man persönlich beleidigt wird, dann ist das schlimmer, weil ich dann anfange mich zu fragen, ob vielleicht doch etwas dran ist an der Kritik. Wenn jemand sagt, dass ich eine krumme Nase habe, dann schaue ich vielleicht doch mal in den Spiegel.

Julia:

Vielleicht geht es auch um die Reaktionsmöglichkeiten, denn wenn jemand sagt, dass ich dicke Oberarme habe, kann ich wenig dagegen sagen. Wenn jemand sagt „Scheiß Muslime!“, kann ich ihn beschimpfen.

Volkan:

Na klar, denn zum Thema dicke Oberarme kann man nicht sagen, dass es gelogen ist. Also bleibt als Reaktionsmöglichkeit eigentlich nur, die andere Seite zurück zu beleidigen.

Özge:

Ich will auch mal etwas sagen: Mich beleidigt es auch schon, wenn mich die Leute wegen meines Kopftuchs schräg angucken. Das erlebe ich manchmal. Da gehe ich auf der Straße und die Leute gucken mich an, als wäre ich etwas Komisches, Ungewöhnliches.

Julia:

Oft haben wir es ja auch mit politischen Beleidigungen zu tun, gerade in den Medien. Die sind es, die oft für viel Aufregung sorgen. Wir haben einige Karikaturen mitgebracht. Wir legen die hier einmal in die Mitte. Schaut sie euch an und sucht euch jeweils eine aus. Gerne auch als Gruppe. Dann sagt uns, was ihr daran beleidigend findet.

Aylin Y.:

Habt ihr euch alle ein Bild ausgesucht?

Julia:

Und was ist mit den Karikaturen von Charlie Hebdo? Will die keiner haben? Oder hier der Titel der Zeitschrift Titanic mit dem Papst? Mit Pipi-Fleck? Zum Thema Vatican-Leaks, als aus dem Vatikan Geheimdokumente veröffentlicht wurden? Will das niemand nehmen? (Kopfschütteln in der Klasse) Dabei hat dieser Titel für viel Ärger gesorgt und der Vatikan hat sogar gegen die Zeitschrift Titanic geklagt! Na gut, dann nicht. Was habt ihr euch ausgesucht? Wer möchte anfangen?

Görkem:

Auf unserem Bild ist Erdoğan und darüber ist ein Halbmond und die Farben der türkischen Fahne. Darüber steht: „Kurdenschlächter“. Das ist krass. Wegen dem Bild von Erdoğan und weil eben die türkische Fahne gezeigt wird. Weiß jemand, worum es da geht?

Volkan:

Es gibt es ja schon seit 30 Jahren Konflikte zwischen der PKK und dem Militär und da kam es zu Angriffen. Da gab es Konflikte nicht nur in den Bergen, sondern auch Zusammenstöße in den Städten, bei denen viele Menschen starben. Das waren vor allem kurdische Zivilisten und die Kurden werden ja auch unterdrückt. Deswegen haben sie wohl diese Überschrift gewählt: „Kurdenschlächter“.

Julia:

Und wieso ist das eine Beleidigung?

Görkem:

Erdoğan alleine sollte nicht den Titel bekommen. Er ordnet zwar an, wo das Militär hingehen soll, aber das sind ja auch zumeist die Orte, an denen sich die kurdischen Kämpfer verschanzt haben. Er ist zwar rücksichtslos und die Kritik an ihm ist teilweise gerecht. Aber „Kurdenschlächter“? Das geht doch zu weit.

Volkan:

Ich glaube, dass sich vor allem Türken beleidigt fühlen. Viele sind ja für Erdoğan. Die rasten aus, wenn sie irgendetwas gegen Erdoğan sehen. Dabei kann es sein, dass sie in Wirklichkeit Kurden mögen.

Julia:

Im Moment gibt es ja sehr viele Karikaturen über Erdoğan.

Volkan:

Mir kommt der schon fast vor wie ein Diktator, weil er immer mehr Macht zu nehmen versucht. Gegenüber Deutschland hat er zudem auch noch ein sehr gutes Druckmittel: Er ist es, der die Flüchtlinge aufhalten kann. Wenn er es nicht tut, dann marschieren sie alle weiter bis nach Deutschland. Das sieht man dann auf dieser Karikatur: Angela Merkel muss alles tun, was Erdoğan von ihr verlangt. Das hat sich auch daran gezeigt, dass Erdoğan ja anordnen konnte, dass der Fall Jan Böhmermann vor ein deutsches Gericht kommt.

Aylin Y.:

Fühlt sich denn jemand persönlich von dieser Karikatur beleidigt oder kann sich vorstellen, warum die Leute davon beleidigt sind? Oder vielleicht davon, dass Erdoğan im Moment so stark in den deutschen Medien präsent ist und oft kritisiert wird?

Görkem:

Ich würde sagen, dass die Kritik etwas übertrieben ist. Er ist nicht so krass schlimm, wie es immer dargestellt wird. Ich wollte aber vor allem sagen, dass ja nicht nur er beleidigt wird. Es richtet sich ja gegen das türkische Volk: Schließlich ist er ja durch Wahlen an die Macht gekommen.

Julia:

Das heißt, auch die Türken in Berlin werden beleidigt?

Görkem:

Ja, aber nicht so stark. Die sind ja nicht 100 Prozent Türken, sondern so etwas dazwischen. Also sind sie weniger beleidigt.

Volkan:

Das Problem ist auch, dass es ja durchaus viele Türken gibt, die gegen Erdoğan sind, aber durch diese Verallgemeinerung und indem die türkischen Farben benutzt werden, wird es zu einem Angriff auf alle Türken und sie haben das Gefühl, dass sie Erdogan verteidigen müssten. Und das, obwohl sie ihn eigentlich gar nicht mögen. Das ist absurd, und dass man sie in diese Lage bringt, ist auch irgendwie entwürdigend und beleidigend.

Seyma:

Ich habe hier ein Bild von Mickey und Minnie Mouse, die islamische Kleidung tragen.

Julia:

Ich erzähle kurz die Geschichte dazu: Diese Karikatur hat 2011 der ägyptische Politiker Naguib Sawiris getwittert und dazugeschrieben: „Ist das die Zukunft Ägyptens?“ Das hat viele Leute empört. Dabei spielte eine Rolle, dass Sawiris Christ ist. Er hat sich dann förmlich entschuldigt. Der Tweet dazu liegt auch dabei.

Seyma:

Ich fühle mich eigentlich nicht beleidigt. Das Bild ist ganz süß und ich mag Mickey Mouse.

Julia:

Findet jemand, dass es eine Beleidigung ist?

Aylin S.:

Naja, ich finde schon, dass es eine Beleidigung ist, da es ja nicht von einem Muslim getweetet wurde. Es wurde von jemanden getweetet, der gegen den Islam ist. Dann ist es doch schon eine Beleidigung. Wenn ein Christ es postet in der Absicht, den Islam zu verletzen, dann ist es eine Beleidigung.

Ege:

Moment mal: Du meinst, das ist so wie mit dem Begriff „Kanacke“? Ein Kanacke darf zu einem anderen Kanacken „Kanacke“ sagen, aber ein Deutscher nicht?

Seyma:

Aber hier in dem Tweet entschuldigt er sich doch und sagt, es sei keine Absicht gewesen.

Aylin S.:

Dann ist es keine Beleidigung mehr. Es kommt auf die Absicht an.

Julia:

Das ist ja ein wichtiger Punkt: Es kommt also darauf an, wer etwas sagt und mit welcher Absicht!

Emir:

Ja, und es ist insofern auch beleidigend, weil da wieder verallgemeinert wird. Der Islam ist ja nicht so: Nicht jeder Muslim trägt Turban und Bart, nicht jede Muslima Gesichtsschleier.

Ege:

Ich habe hier ein Poster von der NPD. Darunter steht: „Maria statt Scharia“. Ich finde es eigentlich nicht beleidigend, sondern eher lächerlich. Denn es ist doch klar, Muslime gehören dazu und Frauen mit Kopftuch ebenso wie Blondinen. Was mich aber aufregt ist, dass es doch viele Nationen und Herkünfte in Deutschland gibt und trotzdem geht es immer gegen die Türken und Araber.

Aylin Y.:

Na, die NPD hat auch Plakate gegen Roma. Die sind all around.

Ege:

Naja, aber mir kommt es so vor, als ginge es vor allem immer gegen uns. Wie: „Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell!“ und so.

Aylin Y.:

Fühlt ihr euch denn als Muslim*innen überhaupt angesprochen von diesem Spruch und dem Begriff Scharia?

Volkan:

Was war denn eigentlich nochmal Scharia? Das mit den fünf Regeln?

Aylin Y.:

Wollt ihr vielleicht Eurem Ethiklehrer mal sagen, dass ihr darüber sprechen wollt? Ganz kurz: Es gibt verschiedene Auffassungen dazu, was Scharia bedeutet. Es gibt die Auffassung, dass die Scharia das islamische Recht bezeichnet. Es gibt aber auch die Auffassung, dass die Scharia eher so eine Werteordnung ist, die jede*r Muslim*in und jeder Mensch für sich aushandeln muss. Dass es um ein respektvolles Miteinander geht.

Batuhan:

Ich habe hier ein Bild, das den Propheten Mohammed zeigt, wie er einem anderen den Kopf abschlägt. In der Sprechblase steht: „Ich hoffe, der Zeichner zeigt mich so, dass mein Gesicht nicht zu erkennen ist.“ Ich finde es beleidigend. Es ist vorgeschrieben, dass das Gesicht von unserem Propheten nicht auf Bildern gezeigt werden darf. Hier wird diese Regel jetzt so interpretiert, als gäbe es sie, weil der Prophet so viele Verbrechen begangen hat und nicht erkannt werden will. Dass er ein Feigling ist. Das ist sehr respektlos!

Julia:

Ja, das finde ich auch hart.

Aylin Y.:

Wer hat noch ein Beispiel?

Aylin S.:

Ja, hier! Dieses Bild zeigt, wie die Flammen aus dem Koran schlagen. Das soll heißen, dass die Anweisung zu dem Anschlag auf die Zeitschrift Charlie Hebdo direkt aus dem Koran kommt. Ich finde es nicht richtig, wenn der Islam immer mit dem Terror in Zusammenhang gebracht wird. Zudem macht es keinen Sinn, denn der Islam hat ja mit Gewalt gar nichts zu tun und ein Muslim darf keinem Lebewesen Böses tun.

Ege:

Naja, oder es bedeutet, man soll den Koran verbrennen.

Volkan:

Solche Karikaturen machen die nur, um Muslime zu provozieren. Mit dieser Provokation bringen sie Leute dazu, Anschläge zu verüben. Die Zeitschrift Charlie Hebdo macht ja auch immer weiter und provoziert mehr und mehr. Da kommt bestimmt bald der nächste Anschlag. Vielleicht von Christen diesmal. Oder von Atheisten. Da ist nur der Unterschied, dass der Großteil der Muslime weniger gebildet ist als andere und sie können ihre Meinung nicht gut vertreten oder haben keine Öffentlichkeit dafür. Da wissen sie sich nicht anders zu wehren. Wenn jemand keine Argumente mehr hat, aber immer noch sauer ist, dann greift er zu Gewalt.

Julia:

Das ist doch auch wichtig: Dann kann man also sagen, dass die Beleidigung auch darin besteht, dass mit solchen Provokationen irrationale oder heftige Reaktionen bei einigen aus der beleidigten Gruppe hervorgerufen werden sollen, die dann die ganze Gruppe in ein schlechtes Licht stellen und die eigentlich dieser Gruppe nicht würdig sind.

Volkan:

Manche wissen sich halt nicht anders zu helfen, weil sie aus irgendeinem Dorf kommen und der einzige Weg, den sie sehen, um sich zu wehren, ist Gewalt. Da werden sie von Leute aufgehetzt, angeworben und losgeschickt. Es gibt auch viele Muslime, die sich mit Worten wehren. Das wird aber nicht wahrgenommen, weil sie nicht so eine Lobby haben.

Aylin S.:

Solche Karikaturen werden auch als Racheakte im Rahmen bestimmter Konflikte eingesetzt. Die Macher wissen, dass sie Muslime oder Türken einfach beleidigen können, wenn sie etwas gegen den Islam oder die Türkei sagen. Dass man so ganz leicht Reaktionen provozieren kann.

Julia:

So, was haben wir noch? Oh, Frau Merkel in Nazi-Uniform liegt ja noch in der Mitte. Die Karikatur, die in einer türkischen Zeitung erschienen ist, von der fühlte sich niemand beleidigt oder auch nur angesprochen?

Görkem:

Für mich selbst ist die Karikatur nicht beleidigend. Vielleicht ist die Karikatur für Deutsche beleidigend, weil Frau Merkel als Nazi dargestellt wird. Sie wurde gedruckt, nachdem der Bundestag den Beschluss zum Völkermord an den Armeniern gefasst hat. Da haben sich die Türken sehr angegriffen gefühlt. Diese Karikatur ist für die Deutschen beleidigend, denn sie haben ja Frau Merkel gewählt. Mit diesem Bild wird das nun so dargestellt, als wären sie Untertanen eines Diktators. Das ist nicht angemessen, denn die Deutschen haben ja mit dem Beschluss im Bundestag nichts zu tun.

Julia:

Ist es denn so, dass eine persönliche Beleidigung schlimmer ist als eine, die einen Politiker oder eine Gruppe betrifft, zu der man sich zugehörig fühlt?

Seyma:

Wenn ein Politiker beleidigt wird, dann ist es auch eine persönliche Beleidigung. Gegen ihn, aber das hat mit mir nichts zu tun.

Görkem:

Ja, aber wenn ein Politiker beleidigt wird, der zum Beispiel eine Minderheit vertritt. Dann fühlt sich diese Minderheit angegriffen und schwach und fühlt sich insofern auch beleidigt.

Aylin S.:

Es ist beleidigend, wenn man einen Politiker gewählt hat und der wird dann beleidigt. Schließlich hat man den gewählt, weil man ja ähnlich denkt wie der Politiker. Also werden die Gedanken beleidigt.

Aylin Y.:

Vielen Dank für das Gespräch. Ich fand es sehr interessant, eure unterschiedlichen Sichtweisen zu hören. Für manche von euch wiegen Beleidigungen von Gruppen schwerer als solche, die sich gegen Einzelne richten. Für andere ist es genau umgekehrt. Und wieder andere fühlen sich gar nicht beleidigt, weil für sie ihr Selbstbild zählt. Klar wurde auch, dass kollektive Beleidigungen auch persönlich sein können, weil sie eben verallgemeinern – das macht es gleichzeitig leichter, die Beleidigung von sich fern zu halten. Dagegen regt eine persönliche Beleidigung eher dazu an, die Kritik hinter der Beleidigung ernster zu nehmen. Auch Respektlosigkeit und die Nicht-Anerkennung werden als beleidigend empfunden, was ich persönlich sehr spannend finde. In der Diskussion über die Karikaturen haben wir gesehen, dass mit diesen Aussagen unterschiedliche Gefühle und Reaktionen einhergehen können: Beleidigung, Wut, empfundene Respektlosigkeit, Provokation – das scheint nicht leicht voneinander zu trennen. An den Beispielen wurde auch klar, warum sie vielleicht für andere beleidigend sein können, auch wenn ihr selbst das anders seht. Das fand ich auch sehr interessant. Ich hätte gern noch mit euch mehr darüber gesprochen, wie man mit Beleidigungen umgehen kann. Vielleicht könnt ihr das untereinander nochmal weiterüberlegen. Auf jeden Fall erstmal vielen Dank für eure rege Teilnahme an der Diskussion!

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Die Beiträge im Portal dieser Webseite erscheinen als Angebot von ufuq.de im Rahmen des Kompetenznetzwerks „Islamistischer Extremismus“ (KN:IX).
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