Wut und Kritik. Warum Bahar Aslan so sprechen können muss, wie sie es tut
25. Mai 2023 | Unkategorisiert

Symbolbild; Bild: Tim Reckmann/flickr.com

Die Empörung, die die Lehrerin Bahar Aslan mit ihrer Kritik an Rassismus in Sicherheitsbehörden ausgelöst hat, geht an der eigentlichen Sache vorbei.

Bahar Aslan ist Hauptschullehrerin in Gelsenkirchen und engagiert sich seit Jahren gegen Rassismus. Auch von ufuq.de wurde sie des Öfteren als Referentin eingeladen. Bis vor kurzem war sie nebenberuflich als Dozentin an der Polizei-Hochschule Gelsenkirchen tätig. Mittlerweile hält die Hochschulleitung Bahar Aslan nicht mehr für geeignet, eine „fundierte Sichtweise im Hinblick auf Demokratie, Toleranz und Neutralität zu vermitteln“. Anlass dazu gab ein Tweet, den Aslan am 20. Mai schrieb: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“ Zwei Tage später erfährt sie von Journalist*innen, dass sie ihren Lehrauftrag an der Polizei-Hochschule Gelsenkirchen verloren hat. Auch die Bezirksregierung Münster prüft eventuelle dienstrechtliche Konsequenzen, die bis zur Entlassung als Lehrerin reichen können. Ganz zu schweigen von massenhaft hasserfüllten Kommentaren und Bedrohungen, die sie erhalten hat.

Die Formulierung „brauner Dreck“ ist anstößig und lädt zu Missverständnissen ein. Bahar Aslan erklärte in einem weiteren Tweet, sie habe damit nicht einzelne Polizist*innen gemeint, sondern den Rassismus in der Institution angesprochen. Sie entschuldigte sich „bei den Polizist*innen, die vorbildlich ihren Dienst tun“ und sich fälschlich angesprochen gefühlt haben.

Institutioneller Rassismus ist in der Polizei inzwischen durch eine ganze Reihe von Vorfällen ebenso wie durch systematische Studien hinreichend belegt. Vor allem aber sind die Worte von Bahar Aslan – auch wenn es sich so anhören mag – nicht Ausdruck einer Macht- und Herrschaftssprache, die andere Menschen von oben nach unten systematisch abwertet. Vielmehr sind sie geprägt von Angst und Wut – ihrer eigenen und derjenigen von „vielen Menschen in diesem Land“, zu deren Realität es gehört, alltäglich Rassismuserfahrungen zu machen, eben auch in Polizeikontrollen.

Diese Wut und die Kritik von Menschen, die solche und andere diskriminierende Erfahrungen machen, die ihre in Artikel 1 des Grundgesetzes garantierte Würde verletzen, muss die Gesellschaft aushalten können. Mehr noch: Sie muss sich damit auseinandersetzen – gerade in Schule und in der Polizei. Unsere Empörung sollte nicht den Worten gelten, die Bahar Aslan gewählt hat, sondern den Verhältnissen und Erfahrungen, denen sie und andere ausgesetzt sind.

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